//// 01r
Sept.-Nov. 1945
27. Sept. 1945.
Abends von Rant. Prapat im Jappentruk. Mitkamen:
Groeneberg, De Haan, Postuma, Walrave, Caron.
28. 1X.
Postuma, Caron, Walrave weiter nach Laras,
de Haan zurück nach Rant. Prapat.
9. Okt. 1945.
Lydia mit Bauer nach Medan und Boner im Red. Cross
Chevrolet. Gerüchte in Medan, dass die Engländer, die
Alliierten endlich in Belawan gelandet seien! Wir
entschliessen uns zu warten und sie erst zu sehen,
[Üb]ernachten in Medan, bei Eugen Otto.
10. Okt.
Abends um 8 Uhr wieder in Siantar von Medan.
14. Okt. Sonntag
Bauer bittet (mit Claessens, dem Cheff der kleinen
Gruppe Hol. Soldaten, Ambonesen, die im Hotel logieren)
Oberst Orita via Jamada um Hilfe, dass die Holländer
und Ambonesen von uns nach Medan gebracht werden
können.
15. Okt. Anfall auf uns
18. Okt. Donnerstag.
Britische befreien uns, kommen mit Nello Boner an,
den sie im Gefängnis fanden. Wir beschauen Hausruine
finden Senta. Suchen überall Vati und Schuepp. Im
Indon. Hauptkwartier weiss niemand etwas.
Wir kommen mit all den Ambon. Frauen und Kinder nach
Prapat ins Tangsi zum Schlafen
19. Via Siantar nach Medan. In Siantar kommen noch andere
Schweizer, von den Kebons zu uns. Von Vati und Schuepp
keine Spur.
20. Okt Hotel de Boer
23 “ Hedi und Frau Boner krank – 2 Engl. Verhören mich und
Nello.
25. Okt. ich suche die Indo, Fr. Bruce von Grunau und den
Ambon. Toway, die scheints näheres von Vati wissen.
Geschwätz.
26. Okt.
Antschi bringt uns die Nachricht: Vati und Schuepp
Seien gefunden, auf Javanerfriedhof gegen Martoba.
Sie seien jetzt begraben auf unserem Friedhof.
28. Okt.
Unser Koki[1] und Cigarettlichines kommen, sagen Vati
sei schon am 24. gefunden.
31. Okt.
Luthy und Heller mit Milit. nach Siantar,- Lüthy
Bringt Vatis Ring.
//// 01v
31. Okt. Hotelkisten und 2 Safe aus Hotel kommen nach
Medan.
2. Nov.
Kleiner Safe aus D.S.M. Goedang in die Horlogerie Suisse
gezügelt und geöffnet. Alles verkohlt.
Fr. Boner. zu Eugen Otto gezügelt, immer noch krank.
3. Nov.
Notar Dalitz nimmt Tatbestand vom verbrannten
Safe-inhalt auf. Lüthy und Heller Zeugen.
Fisch, Haab, E. Otto anwesende.
4. Nov.
Trauergottesdienst in der Witte.
5. Nov. Steppanov empfängt sein verbranntes Geld.
Asche vom Safe versorgt. ( in 2 Holzkästli und
5 Taartdosen)
Fr. Boner ins Hospital.
Um ca 2 Uhr den grossen Safe geöffnet, im Goedang
D.S.M. Dalitz als Zeuge. Alles nicht verbrannt.
6. Nov.
Viel Besuche, Vetters, Bin Kie, Gooszen, Raatsheer
Etc. Zwischendurch Asche sortiert.
7. Nov.
Grosser Safe nach Horl. Suisse transportiert.
8. Nov.
Bücher und Papiere aus gr. Safe sortiert.
Antsch krank, Besuche und abends bei Claessens
Dinner mit Ltn Roberts, Ltn. Howard, Luthy und
Frl. Wagner.
9. Nov.
Barang[2] aus Safe sortiert. Viel Besuche empf.
12. Nov.
Adee Rambonnet empfängt ihr Silber, ( ein Japp
Hat es der Horl. verkauft)
14. Nov.
Lüthy mit Engl. nach Siantar gefahren, mit gehen:
Haab und Fisch, der die Fabrik von Haab übernehmen
sollte.
//// 02r
15. Nov.
Unterredung mit Haab – Fisch kommt Silber zählen.
Frau Klopprogge zu Visite, Hr. Luthy zum Lunch.
Fisch Unterredung mit uns - - Hr. v.d. Schaaf hilft
Uns Claim aufmachen. -- Mr. Gooszen -- E. Otto --
Fam. Jäggi -- Lüthy, der mit Janssen sprach, wegen event
Luftpassage heim.
16. Nov.
Bei Kantoor Brüggeman wegen Ausweis statt der verbrannte
Geburtsakten und Ingezetenschap[3].
Fam. Haab nach Europa.
Fr. Boner aus Spital, kommt in ein Haus zu Schweizer.
Werni Strehler bringt uns auf’s Konsulat, Fritzli
gibt uns Testament.
Eugen und Lydia im Toko und nachher bringen sie Dee Tell
Tellings ein kl. Krankes zugelauf. Hündchen.
17. Nov.
Hedi zu Hueting – ich zu Bruggemann wegen Ausweisen.
Hedelis Geburtstag. Bekommt von Eugen das “Vögeli“ um da
darum wieder ein Haus zu bauen.
Hässigs sagen Adieu.-- Hellers kommen und: Rie Hens,
Jäggi Fr. Zwichy. Kwang Hwa, Gooszen Juffr. Twynistra
Totoli, Werni Strehle, v. der Peppel,
Chinesisch Essen mit Eugen, Luthy Heller
19. Nov.
mit Eugen im Toko, Kassenschrank eingeräumt.
21. Nov.
Bekommen Ausweispapiere, holen Typhus,Cholera Injekt.
Hedis Rock gestohlen!
22. Nov.
Schweiz. Konsulat. Vereidigung unserer Rapports.
Dr. Smook und Ostrom—Steuerbure wegen unser Vatis
Effektenliste.—Kramer und Kruis zum Lunch.
Carla Bodenhausen, Jongbloed, Fam. Veele zum Tee.
Cordeiro gebeten um Rückkauf unserer Priveesachen
sollten solche noch sein in Siantar.
Eugen und Luthy abends.
23. Nov.
Flugzeug fährt nicht ab! – Brack und Totoli bringen
Hiobsbotschaft: Im Goedang seien 33 Kisten des Siantar
Hotels geplündert. -- Rest der Kisten in Horlogerie.--
Tee bei Eugen zuhause.
( Ambarawa sei seit 1 Tag beschossen, das Kamp. Viele
Tote unter Frau und Kindern)
//// 02v
24. Nov.
Senta zu Eugen gebracht. Ueli Heller logiert auch
dort.
10 ½ aufs Flugfeld, 12½ Abfahrt nach Singapore.
Eugen winkt.
4 Uhr Singapore, Zimmer im Raffels Hotel mit
Frau Bächtold, und Fr. Huber und 2 Kinder zu teilen.
1 Bett für uns. Wanzen.
im Hotel noch Hadorns, Häuptlis, Schoop. Adams
Kobelts.
Die Tage in Medan wo wir im De Boer im K. 12 logierten waren
Voll, voll Besuche. Ein kommen und Gehen vieler
Bekannter. Es liess einem kaum Zeit zum Nachdenken.
//// 03r
[Bleistiftzeichnungen: 2x Figur mit Tragjoch, 2x Details davon (Oberkörper), z.T. Farben dazugeschrieben]
//// 03v
[leer]
//// 04r
Singapore, Raffels Hotel.
Donnerstag, 6. 12. 1945,
Wir sind nun schon fast 2 wochen hier und kennen dieses
Hotel samt seinen sehr gemischten Gästen. Wir haben uns auch
bald an diese Stadt gewöhnt, wo man gehen darf, wo man will
ohne vor den Inländern Angst zu haben. Und auf ein Boot
warten wir mit all den anderen Schweizern. Alle paar Tage
kommt das Gerücht von einem Boot und alles fährt aus dem
Dahindämmern und event. Choggi-schlecken auf und wird munter
Wir sind glaub ich auch schön ruhiger geworden.
Ein Zimmer mit herrlicher Aussicht auf das Meer haben wir.
Schiffe, die uns Landratten enorm schienen und die Herr
Schweizer als klein abtat, Chinesentschunggen mit herrlichen
Segeln, fledermausartig und rostbraun. Und in Singapore
Hat es tatsächlich keine Jappen mehr, Dafür hat es überall
Swatauchinesinnen, die die Kuliarbeiten machen, Erde tragen,
sogar. Diese haben blaue Hosen und fliegende Chittel und
auf dem Kopf meist sehr rote oder auch blaue egkig gefaltetete
Kopftücher. Und ihr Gesicht lacht immer reizend, wenn man
nach ihnen und ihrem Kopfverputz guckt.
Hedi ging nach dem Goedang in Robinsonroad. Wir können nicht
ewig hier sitzen, wenn einfach kein Boot in Aussicht ist.
Da kann Herr Fritzli nun den Kopf schütteln und wer sonst
Noch will. Hedi ist einfach prächtig, wie es immer den
Mut findet zum weitergehen.,Rappelt sich auf, und geht
Fort und kommt strahlend und mit einem ganzen Arm voll
Samichlaus heim. Choggi und Zigarettli und Berichte über
den Goedang. Morgen ziehen wir aus!
Abends: Ich war bei Antschi. Es gibt sich so Mühe mit seinem
Ischias. Es hat so angst, es müsse auf ein Hospitalschiff;
das ewige junge Mädel! ---Ich kam gerade zurecht mit dem
Samichlaus, der hier im Hotel die Schweizerkinder suchte.
Echt prächtig.
Freitag. 7. Dez.
So , nun sind wir im Goedang. Es heisst zwar hier Habis-Roya[l]
oder Palais Wuest. Sie sind alle elend nett mit uns und
wir haben eines der neuen Bretterverschläge und neue Feld-
better und die Klamboe als Scheidewand aufgehäng, so dass
die Köfferli und alles nicht gesehen wird und auf dem
Brettli längs der Wand ist schon Hedis Vögeli installiert.
Wirklich, es ist alles neu und sauber. Nur elend dunkel, aber
wir dürfen immer zu Hr. Schweizer hinauf ins Office, und
//// 04v
auch das Bad oben im Diethelmhaus und die Dachterrasse dürfen
wir brauchen. Und Teucherli macht uns Kaffee und herrje, links
und rechts seien Schnarchler!!
8, Dez. Die Nacht war wircklich ein Spass. Hedass, diese
Schnarchlerei!
Und wir waren im Sea-view und das ist eine Reise. Besonders
die Heimreise mit einem wilden Bus. Solche hat es ja sehr
viele; die meisten aus einem kleinen Auto gemacht. Vehikel!!
Unseres ging noch, aber die wussten nicht wo die Robinsonroad se
ist und brachten uns bis ans Chinesische End der Welt. Bunte
Chinesenstadt und zwischenhinein nochmals einen Hindutempel
mit widerkeuenden Kühen auf den Mauern. Den müssen wir noch ein-
mal besichtigen.--Im Bus alles und noch was. Chinesen, Turban-
Indoes, engl. Matrosen und ein engl. Flieger. Auch holl. Civile,
aus den Evacuertenkampen. Und eben, der Bus lud uns viel
weiter draussen aus und wir konnten wieder zurücklaufen!
Jetzt heisst es wieder man bekomme ein Boot! Wir müssen wohl
packen.
9. Dez. Ja, das Boot geht, aber wir wurden zu anderer Gunsten vo
von der Liste gestrichen. Soedah![4] Dafür durften wir abends
mit Herr und Frau Schweizer ins Raffels und Rex um den anderen
gute Reise zu wünschen. Aber unser Piccolospieler aus dem
Goedang verreist, und das ist schlimm. Er hat immer so nett
alle Schweizerlieder gespielt. Dann sassen alle Kinder um
ihn mit offenen Mäulern. Die Erwachsenen lehnten meistens
an dem Geländer das uns beschützen soll in den Lichthof
hinunter zu fallen. Denn unten vor unseren Augen werden
Kisten voll Lekkereien ausgepackt und sogar Äpfel. Wenn nicht
politisiert wird, wird gluschtet!
12. Dez. Mit Gewalt nimm ich Hedi aus dem dunklen Loch, und
wir gehen dem Quai längs. Man sucht ein Schiff, das heimfahrt.
Man guckt sich all die Chinesen und wieder Chinesen an und ich
glaub in Singapore hat es überhaupt nichts anderes.
//// 05r
[Bleistiftzeichnungen: Blumenstrauss und Löwenfigur]
13. XII
Unser Sträusschen im
Goeadang. Und’s Leuli!
//// 05v
[leer]
//// 06r
13. Dez. und immer noch Singapore, Robinsonroad.
Neueste Episode ist ein Kakerlaktheater. Gestern abend bei
Dietikers. Frau Dinkel schrie und Dietiker schlug wild drauf-
los und im nu waren alle Kalerlake vom ganzen Goedang auf-
geschreckt und da und dort flog einer. Ich sah vor der
Verschlagtüre 3 Erwachsene miteinander einen Veitstanz
machen, und der arme Kakerlak wollte doch nur Schutz suchen
unter so einer menschlichen Pfote. Zuletzt blieben 7 Kaker-
lake auf der Wallstatt liegen.---Heute morgen gingen wir
innwendig dem Quai entlang. Wunderschöne Stimmung und wir
fanden auch ein ganz herziges Sträuchlein. Wenn das der Vati
sehen könnte. Ach wie so oft denkt man das!
Gestern haben wir ein wild dreinschauendes Chinesenleuli
aus Blei oder so was gekauft und heute warf Hedi dieses schon
aus Verseh in den Küddereimer! Frau Dinkel kam mit mir um
noch eines zu suchen. Wir liefen durch die ganze Stadt und
fanden nur viele Chinesinnen am Weg, die Cigarettli oder
Bisang verkauften, aber kein bollaugendes Leuli. Im letzten
Toko, schon fast wieder bei unserem Goedang, da standen sie!
14. Dez. In Bandoeng sollen viele Hauser brennen. Ein Junge
schrieb, dass sie einen Chinsesn überfallen und geplündert,
damit sie wieder zu essen hätte. Man solle nicht schlecht
von ihm denken. Elende Zustände.--In Medan brannten sie auch
den Termeulen[5] ab, die Inländer. Und…unser Tuch, das im Kesawa
war wurde auch gestohlen. Nichts als unser Tuch. D[??] die Reserve-
Wäsche des Siantar Hotel.
15. Dez. Wir zügeln morgen wieder, das gehört bald zu uns.
Unser ewiger Samichlaus Schweizer hatte Mitleid mit uns und
brachte uns in den Flat eines seiner Chinesenfreunde. Die
Indragirischweizer kommen auch noch. Wir haben uns das Haus
schon besehen. Es ist eine Dachwohnung mit viel Terrasse!
Und mitten im Chinesenviertel.
Wir gingen Wasserfarbe kaufen für Hedi und dann sollen sie
uns von unserem Dach herunterpfeiffen, wenn ein Boot geht.
Je, Müscheli haben wir gefunden! Ich guckte in eine Luftschutz
kiste, und sah die voll Muscheln aller Art. Wir, natürlich,
mussten grübeln bis wir sie zwischen den Brettern draussen
hatten, und ein Chinesli fand das auch spassig und brachte
noch eine ganze Hand voll. Weitergehend fanden wir doch noch
das Herz und Verstand/rührendes Bild vom Weltuntergang für
Chinesen geschildert. Schaurig, schaurig. Wir kauften es für
3 Cigarettli und brachten’s heim um es an Dietikers Verschlag
//// 06v
zu nageln, mittags, wenn alles schläft. Und Häuser und Hüsli
hat es hier!!! Mit allerlei Grüns aus den Fassadenritzen
wachsend. Mit versteckten Dachgärtli und schönen Fenster-
läden. Schwarz, mit Gold bemalt. Mit, hie und da, einem
Fries, aus Faience auf den Cement gesetzt. Blüthenzweige,
Rehlein, Paradiesvögel und Paradiesklabange! Das siend
Tausendfüssler mit bunten Federn. Wir haben schon eine
ganze Reihe ausgesuchte Lieblingshäuser.
16. Dez., Sonntag. Mr Joe Soong bringt uns in den Flat.
Und natürlich ist’s Samichläusli auch schon da und bringt
gefederte Feldbetten. Wir begrüssen Mrs Coo, die Schwieger-
mutter Joe Soong’s. Eine wunderschöne ältere Chinesendame die
scheints sehr fromm sein soll, was uns nicht stört. Auch
noch 2 Kinder sind hier. Ach ist das eine Ueberraschung,
wenn man sich durch die 3 Stockwerek hinaufgetastet, und
dann sieht man auf einmal diese saubere Wohnung, bestehen
aus einem Raum und viel gedeckte Terrasse darum Wir
haben natürlich schon einen Ecken für uns eingerichtet
und sogar den Toilettentisch mit viel Lächeln und Bitten
etc., zu uns gelotet. Ach und die Terrasse!! Das ganze ist
über fünf Häuser gebaut und riesig winklig. Und in ein
paar Ecken stehen Hausaltärli und in ein paar anderen sind
Blumentöpfe mit sogar Granatsträuchlein darin.
Und abends bekamen wir noch Matratzen auf unsere Feldbetter
und dann durften wir mit dem Samichläusli zu ihm heim, wo wir
Mrs Schweizer antrafen und die berühmte Schwiegermutter.
Beides unbehinderte russische Künstlernaturen-. Später
ging man noch in den Atomic Club, was ich zwar vom Namen
her ein sehr fragwürdiges Vergnügen fand. Herr Grieshaber
fand das wohl auch und fühlte sich sehr ungemütlich.
19. Dez. Wir haben vor lauter umenandschauen kaum Zeit
etwas rechtes zu beginnen. Den ganzen morgen muss ich in
die diversen Küchen schauen und echt in die verschiedenen
Kochtöpfe, um den Chinesinnen zuzusehen wie sie kochen!
//// 07r
19. Dez. Hedi malt den ganzen Morgen, und ist beschäftigt,
unsere schöne Aussicht festzuhalten. Wer muss da in die
Stadt um Essvorräte zu kaufen? Natürlich ich! Aber ich darf
dafür so echt den Läden nachstreifen. Einen Holzschnitzer
hab ich entdeckt, der fette Götter schnitzt und lächelnde
Kwan-Jun und dralle Chinesenrössli. Oft werden diese Figuren
recht bunt bemalt und mit viel Schwarz und Gold für einen
Altar zurechtgemacht. Denn, die Leute hier sind fromm, kein
Zweifel. Wo man in die ebener Erde liegenden Wohnräume
schaut, sind Hausaltäre. Und oft sehr schöne Möbel,
schwarz mit Perlmutter inkrustiert. In einem Haus sitzt
eine Stickerin und stickt einen Chinesischen Vogel in bunt
auf Grün. Schön. und links und rechts schöne Altäre. Und dann
weiter unten all die Goldschmiede mit ihrem vielen Jade und
Gold! Und die vielen, vielen Verkäufer, die ihre Ware nur
so auf dem Boden ausgebreitet haben. Auf Schritt und Tritt
muss man aufpassen, dass man nicht in eine Stoff- Arzneien-
Schrauben (alte)- oder sonst eine Ausstellung tritt. Und
überall sitzen sie am Strassenrand und haben ein kleines
Kistli mit Cigarettli darin, schön nach Grüsse und Güte der
Schächteli arrangiert.
Ich bin wirklich auch zu unserem Hindutempel gekommen, der
ganz in der Nähe ist.[6] Das Portal ist ein Turm voll Figuren.
Halbnackte Inder, Verschleierte Haremsfrauen, 2 Engl Militär
Schlangenbeschwörer und sogar echte Engel mit Fäcke!! Dies
alles ringsum diesen Turm in einigen Etagen und überladen.
Die Mauern haben auf alle 6 m ca, eine Kuh. Alle ein wenig
anders gelagert und mit dem Schwanz, bedächtig die Mauer
peitschend. Alle Kühe eignen sich vortrefflich für Monumente.
So eine widerkäuende Kuh hat sehr viel weltabgewandtes, in-
sich gekehrtes und ich kann mir vorstellen, dass sie für
heilig gehalten werden. Jetzt kann ich es.
Gestern abend kam Mrs Coo noch zu uns sitzen und man sprach
über den Krieg und die Jappen und zuletzt tauschte man Koch-
rezepte. Ich muss wider beginnen ein Rezeptenbuch machen.
Und Mrs Coo kocht sehr gut.
20. Dez. Nun ist’s aus mit dem ruhigen Leben. Von Aesch’s
und Leuthold’s aus Indragiri[7] kommen um 3 Uhr in unseren Flat.
Man richtet sich halt ein und die nette Mrs Coo muss aus-
siehen. Schade, sie war wirklich eine angenehme Hasgenossin.
Dafür bleibt die Ama, die halt immer sich wundern muss über
//// 07v
diese Weisshäutler. Auch wird sie für lange die Hauptperson
im ganzen Ann Siang Hill-viertel sein, denn sie weiss doch
so vieles zu erzählen, all den schwarzbehosten Chinesenfrauen.
Wenn wir abends auf die Strasse gehen, ist schon ein ganzer
Schweif kleiner Chinesli hinter uns her.
Und die Granatbäumli bleiben auch -es seien chinesische
Glücksbäumli- mit zarten Blättern und Zinoberroten Blumen.
An ein paar langen Aëstli hangen rote Granatäpfel, das alte
Zeichen und Symbol der Prosperität mit dem Butze, der aussieht
wie eine Krone. Goldvespa
Uebrigens hat Singapore auch seine grünen Schlupfwespen und
vorsindflutlichen Kellerasslen -die vor dem von der Flut zu-
rückgedrängten Paretwasser flien, grusig.-- Auch ein Papil[lon]
sass auf die goldgelben Chrysanteme der Mrs Coo. ---Letzthin
waren wir im Museum. Die Insektensammlung ist schön. Und immer
wieder denkt man an Vati. --Die Prähistorische Sammlung ist
wie die Ergänzung zu meinem Buch.
21. Dez. Wir gingen in den Goedang um nach den Sumatraschweizer
zu schauen. Es sind schlechte Berichte. Ach, den armen Ostrom
haben sie auch, in Tebing[8], ermordet. Ich kanns kaum glauben.
Und die Jappen sind dort angefallen worden und haben Verstärkung
aus Siantar geholt und alles was Rot-Weiss[9] trug, in Tebing
Tingi abgemacht. Man sagt ca 2000. In Medan ist es auch un-
ruhig gewesen. Nun sei avondklokk[10] und es sie ruhiger.
Niedegger’s kommen auch noch zu uns in’s Flat und Wuest schleppt
einen Widerkehr daher. Der blieb auch gescheiter bei seinem
Kochtopf anstatt zu reden über was er nicht versteht.
22. Dez. Freitag. Es ist herrliches Wetter und isch habe, d[a]
die energische Mrs Joe Soong unsere Kleider eingeschlossen,
das Badkleid -auch geliehen, denn was ist nicht geliehen- an-
getan und hab Niedelzeltli gekocht. Natürlich kamen der Ama
ihre bezopften Freundinnen im Nu und mussten schnatternd
zusehen. Dann alarmierende Berichte wir ständen auf einer
Liste um morgen wegzufahren. Wenn man nur wüsste woran man ist!!!
//// 08r
22. Dez. Auch ist den ganzen Tag schon eine Chlöpferei um
unser Viertel. Es muss ein Chinesenfest sein Am abend
waren viele mit roten Köpfen, Samsoe. Und Stände hatte es!
Viele mit schön etaliertem Obst, mit Doerian, mit Ramboetan.
Und immer Oellämpchen. Auch Essstände mit grauen Muschen,
die raffiniert, ein bisschen geöffnet, lachsrotes Inneres
verrieten. Auch gekochte Tintenfische lagen da und so ziemlich
alle chinesischen Lekkereien. AUnd ein Betrieb! Es sei das
chinesische Sonnwendfest.
Uebrigens muss ich in Hallau einfüren, wie man die Wäsche
trocknet. Man steckt alles an eine lange Stange und steckt
diese zum Fenster hinaus. Womit alle Strassen ein bewimpeltes
Aussehen bekommen und was der Fremdenindustrie in Hallau
sehr helfen tät. Hier haben es alle Chinesenstrassen.
Und dazu noch die singenden Strassenverkäufe. So viele,
vom frühesten morgen an, dass das Ohr auch immer einen
Genuss habe. Die eine verkauft eine Art Dampfnudeln und die
singt mmit schöner Stimme. Der andere in traurigem Moll.
Der dritte tschädderet und das kleine Mädchen sitzt mitten
in die Strasse und ruft hell seine Oebi aus. Hübsch. Und dann
ist halt ein Betrieb , besonders am morgen, wenn die über-
vollen Häuser aufplatzen und alles auf die Strasse kommt
um die Hausarbeiten zu machen. Holzhacken, Zähne putzen,
Kinder butelen, Gemüse rüsten, Gebetzzettel beschwörend
verbrennen und dabei braucht man Kinderschlüttli oder einen
Kreis Wasser. Oder Reis auf der Strasse trocknen, etc,etc,
was eben so ein Haushalt braucht.
23. Dez. Herr Schweizer holte uns ab, um mit nach Johor[11] zu
fahren. Erst erkundigten wir uns, wann wohl das Boot gehe.
Morgen. -- Der Morgen war wunderschön. Und das Land mit seinen
roten Lateritflecken auch. Dann kam der Damm über das Stückli
Meer und dann Sultansland. Auch eine Sultans-Hobby-Rubberfabrik
Und Sultans Söhnen ihre Häuser. Von Europäern gebaut aber von
Inländern bewohnt, auch die Gärten!! Das eine ist wie ein
Schloss aus einem modernen Märli oder Film. Mr. Joe Song
kam auch mit, denn es war doch eine Geschäftsreise. Ach, und
das schütteten die Zwei ihr Herz aus und meinten es sei
schlimm, dass man keine Erlaubniss bekomme um zu importieren
und dabei ist Singapore überfüllt und die Chinesen und andere
Asiaten treiben auf dem Black Market alles in die Höhe. Ich
begreiff ja auch nichts. Es ist alles elend teuer. Und man
müsse vom Pontius bis zum Pilatus und erreiche nichts!
//// 08v
Dafür streiken die Hospitäler, Strassenbützgi, und noch viele
andere und die Communistenchinesen, auf dem Nachbardach, halten
Versammlungen. -
Aber ich lass mir den schönen Sonntag-morgen nicht mit dem
betrüben. Das Meer und der Himmel sind zu schön. Ach durften
wir noch den Jade und Quarzschatz der Fam Aw Boon -vom Tiger
balsam- anschauen. Das Haus ist ja schüüli und der Garten mit
all dem Künstlichen noch ärger. Aber innen, da haben sie 2
Zimmer mit Prachtsstücken. Götter, Rössli, Buddhas, Kwan-Yun
Fische, Hähne, Vasen und Gefässe, alles ind Jade geschnitten,
oder in den rosasten Rosenquarz oder in durchsichtigen Berg-
kristall, oder andere Steine. Wundervoll.Nur schade, dass man
nicht eines ums andere geniessen darf.
Herrje, jetzt sind wir wieder von der Liste gestrichen und
die Dietikers auch! Der wird eine Laune haben! Und sie wird
endlich einen Tisch finden umd draufzuschlagen.
26. Dez. 45. Nun wären die Weihnachtstage vorüber. Bin ich froh.
Ein Kerzenstöckli aus dem Küchenaltärli der Mrs Coo, unser
Kerzli aus dem Köfferli, Tuja vom Bäumli, Silberpapier und
2 Granatäpfel der Mrs Coo waren unser Weihnachtslicht. Später
zusammensitzen mit den Indragirischweizern. - Am 25. Lunch bei
Schweizers und abends Christbaum im Goedang Eine zusammengewür-
felte Schweizergem-einde und vieles sehr dunkel! Dafür war der
Baum schön und der Plumpudding so gut, dass Hedi den ganzen
Tag, heute, mit verdorbenem Magen im Bett liegt.
und Streit hatten sie im Goedang! Alles spricht nur davon und
Zermatten macht ein Gesicht wie Vogelgott Horus und kommt n[ich]t
über die Enttäuschung hin: das sind alles Schweizer? Fragt er.
2[7 od. 8]. Dez. Eben gehen sie nach hause vom Spagettiessen. Frau
Dinkel machte Staghetti mit dem ersten Mehl und alles ass und
lobte. Aber sie mussten 2 Std. kochen, weil der Anglo nicht recht
brannte, und das ist nur, weil sie keinen Weihrauch am Altar
brannten!
//// 09r
31. Dez. 45. Montag.-Wir haben wieder so viel chinesisches
erlebt! Gestern war über der Strasse eine Hochzeit mit Musik
und vielen nett angezogenen Chinesli. Der grosse Tisch in der
Stube voll Essen und die ganze Nachbarschaft schwirrte darum.
Am abend stellte man im zweitnächsten Nachbarhaus, dazwischen
liegt das Haus der rotbeschuhten, lilienfüssigen älteren Dame,
ein Tischlein mit Essen und Kerzen hinaus, Ein Priester
schlüpfte in einen roten Mantel und hatte eine hohe schwarze
Mütze auf und schlug anhaltend auf einen winzigen Gong, den er
in der Hand hielt-tsing, tsing, tsing, tsing.. Dann kamen
Klageweiber und knieten hinter dem Tischli und heulten herz-
zerbrechend in ihre Schnupftücher. Alles stand wieder herum
und schaute zu. Es sei jemand gestorben.
Heute morgen vor Tag wurden wir wieder durch dieses Tsing,
tsing,tsing geweckt. Sie hatten wieder einen Tisch voll
Opferschüsseli und Kerzen und dahinter die Klageweiber. So
eine erbärmliche Klage kann man bei uns mit dem besten Willen
nicht zustande bringen. Steinerweichend. Der Priester schlug
tsing,tsing und sang und beschwor singend die bösen Geister.
Chinesisch, im Sington gesprochen ist schon wie ein Gesang,
oft sehr in Moll. Eine alte Frau brachte Geld, Himmelsgeld,
das auf der Strasse verbrannt wurde und dann noch ein Haus
für das andere Leben, wurde auch verbrannt. Man klagte und
sang noch eine Weile. Unterdessen glitzerte der Orion aus dem Z
Zenit [darüber: Himmel] und der Hund liess den Sirius leuchten, seine feuchte
Hundeschnauze, und der wädelete mit dem Schwänzli. Das Südliche
Kreuz stand oben und der Wagen ihm gegenüber zeigte nach
Norden, wohin wir reisen müssen. Der Skorpion stand im ersten
schwachen Morgendämmern und hielt in seinen Armen die goldene
Mondbarke. War das schön! -- und dann ward fertiggeklagt, und d
der morgen streckte vorsichtig seine hellsten Dämmerrosa.
Im Dunst, am Horizont jagten dunkle Wolkenrösser. Der Raabe
funkelte erblassend.
[Wechsel auf Handschrift. Ab hier nicht mehr durch kursiv ausgezeichnet]
1. Jan. ‚46. Dieses neue Jahr ist wirklich
köstlich angekommen. Wir waren auf der
Terrasse und sahen farbige Leuchtkugel
steigen und sinken, und dazu wie eine
Heidi ???grifs Kühe, hupten alle
Schifssirenen und Huupe! Eine Musik
//// 09v
Man wünschte sich gegenseitig ohne
Vorbehalt es Guets Neus und verzog
sich mit allerlei Gedanke.
3. Jan. 46. Wir hatten allerhand Sturm
auf unserem luftigen Haus und wurden
fast weggeblasen, mitten in der Nacht!
Der eine Krei[?] hat sich seine Freiheit
genommen und „Fluggs“ war er weg und
über alle Dächer.
4. Jan 46. Endlich sind wir auf dem
Schiff. „Winchester Castle“[12] ist gross und
voll Militär. Man nahm Abschied
von von Aesch’s & Leutolds, von Hansli
Schweizer und den anderen. Lüthy
kam sogar und mit Z??fels zur Zeit
Adee zu sagen, Aber eigenartig kühl war
es, hatte wohl irgend etwas das nicht
recht ist?
9. Jan. 46. Wir reisen[?] schon seit dem 6. I.
Herrlich! Und nett ist es auch hier.
die verschieden[en] Grüsel in unser Kabine
von 20 Persone gu??t man weg
und somit lebt sich’s prächtig. Nur
ist alles voll Befehlen und Verbottafeln!
Eben Militärtransport.
//// 10r
14. Jan. ‚46. Den ganzen Tag über sind wir an
Sohrata[13] vorbeigefahren. Schönes Bild wie immer
diese blaugrauen Berge zwischen blauem Meer
und hellem Himmel. Es gab zwar grosse
Dispute. Wir sagten es sei das Afrikanische Festland
und mussten mit Cigarettli büssen.
Die Reise ist voll Prachtswetter. Alle Tage
zeigt uns das Meer andere Bilder. Einmal
ist es tiefblau und auf dem Blau tanzt in
dem Sonnenweg nicht breites Licht aber
auf dunklen Flecken kleine glitzernde Irr-
Lichter! Sie sehen aus wie diamantene Fröschli
und folgen unserem Lauf durch’s Blau.
Dann ist es wirklich graublau, vellig[?] und
es ist als ob eine grosse Schar graublaue
Rössli renne. Oft eines darunter mit weisser
Mähne - hab ich das nicht bei den Chinesen ge-
lesen ? -
Im Graublauen Wasser, vor der weissen
Buggis[ch]t steigen Tiefe Lichtsäulen hinab,
Die faszinieren Hedi und mich.
Oben nistet ein Fink. Und ich hab sie doch
bestellt, allen ausgerichtet den Salut[?] zu
bringen um der Sohrata’s schöner Nase!
Alle mit einem Oelzweig im Maul!
16. Jan ‚46. Gestern an Aden vorbei und am Schiff
das am 26. Dez. mit unseren Schweizer von
Singapore abfuhr. Wir frolockend Telegraphiert.
Heute kam dafür eine Antwort, dass sie in
//// 10v
Marseilles ankommen. Natürlich allgemeiner
Wunsch von uns dass sie, wills Gott, nur
nicht ausgeladen werden!
Wir fanden schon einige von diesen „Corned
Beef“, wie Hedi diese roten Geschöpfe der
fernen Insel nennt,- Es sind nettere
und bloedere (wie Soedel[?] sagen würde) und
haufenweise tätowiert. Aber in H.G. Well’s
„Outline of History“ steht schon von den
tätowierten Britons, Und zwar 1 Jahrhundert
vor Chr. Also ein Rassenmerkmal.
Auch ist da ein Wiener Jud als Arzt der
Engl. Armee und der könne 5 Sprachen!!
Algemeines Verwundern eines Capt. Williams!
17. Jan. 46. Den ganzen Tag durch den Golf von Suez.
Mein liebster Tag auf der Reise. Wir sahen
die Sonne als grosse Orange aus dem Wasser
steigen und auf den kahlen Bergen okeres[?]
Licht werfen. Rechts waren die Berge
und ganz Taubengrau im Dunst. Und
so abwechselnd in Farbe und Form begleiteten
uns die Berge. Sinai hoch und zerklüftet
und gegen Egypten Bergketten, okerfarbene und
dahinter bläuliche und noch weit weg zarte
//// 11r
traumhaft zarte Silouhette. Als endlich
die Sonne unterging und die Berge rechts
alle Farben, lila über grünliches Meer,
hatten kam gross, silberiggrün der
Vollmond herauf. Und unser Schiff,
das den ganzen Tag gegen einen kalten
Westwind fuhr lag im Hafen von Suez.
18. Jan. ’46
Heute morgen mussten wir RAPWI[14]-Leute alle
um ¼8 [Uhr] antreten und wurden in ein Boot
verpackt. Warme Kleider bekämen wir in
Suez. Das Böötli fuhr zwar gegen die
westlichen Berge und wir landeten
in einem Militärkamp. Es war rührend,
wie man uns empfing. Eine riesige Halle
voll Flagge und Tischli? und saubere
Jazzmusik (von Ital. Kriegsgefangenen). Ein grosses
Buffet voll vom herrlichsten zum Schlecken.
Und, ich und Hedi auch wir waren verrückt
denn auf allen Tischli standen echte Blumen
und viele Rosen. Man wurde von 2 Schweizern
in schönen Kleidern (!)-für uns ein Wunder - empfangen
Und bekamen Zeitungen en gros. Später durfte
man durch eine andere halle und es wurde
einem eine richtige Tasche in die Hände gedrückt
die von Stand zu Stand mit wollenem gefüllt
wurde. Alles war vollbeladen. Und am Ende
//// 11v
der lange halle standen Engländer
aus Südaffrika und nahmen einem den Pack
ab und brachten einen zu den Guetzli[?]
zurück.
Und dann wird auf den grobak[15] und
zum Böötli. Und in dieser Wüstenen
hatte es 2 Kamele und auch wunder
schön grüne wohl Distelpuscheli. ?????teme.
19. Jan. 46. Da waren wir durch den Kanal und
nun schon weiter mit herrlichem Wetter.
Den ganzen w???e musste ich diesen
Verläufen da unten, in dem kleinen Böötli
zugucken. Wie die das mit viel Schreien
den Engländern verkauften. “Who is the lucky
one”?-“Beautiful leather bag”! Und dann
wurde gespienzelt und Preise gerufen und
mit Fingern gedeutet. Meistens hatten
sie zuwenig Finger an der Hand um alle
die £ auszudrücken.
22. Jan. 46.
Die Reise ist wirklich schön. Seitens kommt
man mit “Mitwind“ herrlich Sone..
und alles lismet und verändert die Kleider
von Suez und mit der Zeit hat jeder
//// 12r
etwas Warmes. Es ist auch Gut, denn
die Berichte sagen es sei grausig kalt
in Europa. Die armen Menschen aus den
Kriegsländern!
Aber unsere Kabine mit ihrem bunt charakterisch
Insam ist erwünscht. Und Bilder sieht
man! Wie Frau Dietiker kreuzbeinig auf
einem Bett sass und auf einer Handmaschine
näht. Orualle[?] Hablützel ächzend und
schnatternd. Alle die Lausbübli und
diversen “Slums“, innerliche, aber dafür
die Schudels mit den 3 Schätzli und
das Tanti Rüfner, wie ein Märlifigürli.
26.1.46 Heute gings am Cap Finister[16] vorbe. Es schaukelte
ordeli aber alles hielt sich tapfer. Seitens war
es wunderschön. Man kam gegen 4 [Uhr] am
Cap St Vincent[17] vorbei. Erst sah man den ganzen
Nachmittag Spanische-Portugiesische Küste mit
weisen Häusern und blauem Meer. Das Cap
selbst war schon hell und der Leuchtturm wie
eine Festung. Das helle Meer jagte seine Brandung
ca 20 Meter hoch an die Felsen hinauf und
um die Ecke da war das meer wirklich
schön mit weissem Schaum und die Felsen
man im Dunst vor lauter Brandung.
Gibraltar vorgestern abend war ganz am
Einnachten mit einem Himmel voll roter
Wolken.
//// 12v
27.I.45[18] Man hat alles gepackt und nun sitzt
man den ganzen Tag und wartet. Das Boot
liegt im weissen Nebel vor Southhampton und
??agt sich nicht weiter. Alles ist in Unruh .-
Endlich. Nach den 2 Mittags wurde es heller.
Man sah stilles Wasser und Möven[?].
Das Boot bewegte sich mit viel getuuut.
(Zwischenfall: die Passagiere auf dem Spardeck[19],
die überall hinaufkletterten hielten sich am
Drahtseil das die Huupe bewegt. Getute un[d]
Geschimpf vom Capitän!!)
Einfach hübsch war die Einfahrt mit dem
weichmachenden Nebel und der zarten Sonne
über den Häusern. Kahle Bäume und Boote.
Abends ein f’sturm !! Schweizer kamen für uns
arme Schubleute. Schoggi gabs und noch einmal
Wollenes für uns von Red Cross. Und wir
durften nochmals auf dem Boot übernachten.
Man ??dte noch ein paar Adrenen[?] und gab
welche. Unser Chrüseli von Tirol und König David
aus Schottland wollte noch Rayon??. Konstanz
sah betrunken aus der jo[?] und Wilkinson
sein Kamerad hielt sich sehr männlich und steif
weil er es überhaupt anders ni[cht] konnte. Es
waren alle eigentlich schon nett und man wurde
nie belästigt. Es war eine schöne Fahrt.
//// 13r
[Diverse Notizen und Kartenausschnitte aus London]
//// 13v
[leer]
//// 14r
[Rechnungen und Notizen]
//// 14v
[leer]
//// 15r
28. I 46 Heute sehr früh an Land. Nichteinmal
das Gepäck musste man tragen! Der Zöllner
schwebte nur so an uns vorbei und unsere
Zigarettli haus??t??g sprang direkt wieder
an seinen Platz. Man bekam Sitzplätze im
Zug. Ich kenn ja nur noch die Züge voll In-
länder in Siantar. Und für alles, alles
wurde gesorgt. Mir steht immer wieder der
Verstand stillt vor Staunen über diese
schöne Organisation. Ein sauberes Zimmer
für uns zwei ohne allerlei Mitbewohner!
Ein Essen zum Lunch in einem Oesterreichischen
Rest. das enorm war. Alles macht mich
Staunen.
Die Zugreise war auch schön. So viel kahle
Wälder mit patinegrünen Baumstämmen.
schönes Ackerland dazwischen.
Mittags gingen Hedi & ich in die Nationalgalerie,
Nur die klassischen Bilder sind aufgehängt,
die anderen noch nicht. Aber überall kamen
alte Bekannte entgegen. Leonardos Madonna
in der Grote.[20] Der alte Rembrant und
seine Saskia in beiger Seide mit Blumen
in der Linken.[21] Veronese,[22] Titian’s Mann,[23] ein
Michelangelo,[24] Fra Filippo Lippi.[25] Botticelli (der
fast miniatur war)[26] Ach, so viele schöne
Bilder.
//// 15v
29. I 45 Wir schliefen wie Gott in Frankreich. Wir
hatten unser Bad; und Öfeli im Zimmer.
man schlängelte sich gegen 10 [Uhr] zur
Schweiz. A??bas??. Dann durch die
Stadt bis zum ?u??. Aber für alles
muss man in diesem Nachkriegs London
??e?e stehen !! Sogar für ein Tassli Thee.
Später voll gutes Essen, gingen wir wieder
durch die Stadt. Schönes in den Schau-
fenstern gibts kaum. Aber was auf
der Strasse lauft ist auch zum
grössten Teil unglaublich geschmacklos
und oft mit verzweifeltem Gesicht.
Hie und da Kinder ohne Strümpfe und
auch etliche Frauen ohne. Dass die nicht
erfrieren?
Und immer wieder ausgebrannte Häuser
oder weggebombte. Nun, da alles was
Schutt ist weggeräumt ist sieht es nichtmehr
so arg aus, Aber wie muss das gewesen
sein als es brannte und die Menschen um-
kamen !! Eine elegante Dame mit Krücken und
einem Bein zeugte auch vom Krieg. Es muss arg
gewesen sein.
Heut nacht um 10 [Uhr] reisen wir weiter. Newhaven[27] - Dieppe[28] - Paris
//// 16r
[Kartenausschnitt Paris und über das Blatt verstreute Notizen]
[Oben links:]
Unser Hotel
Hotel Terminus[29]
Gare St. Lazare
Paris
[Oben rechts]
Schematische Karte der Strassen Rue de La Paix und Rue Auber in Paris.
[Unten]
Berechnung diverser Ausgaben: Total: 1450.-
//// 16v
[leer]
//// 17r
30. Jan. Das war eine Reise! In Newhaven
blies es orkanartig und uns fast vom Pier.
Und zum Glück bekamen wir fraulichen
Wesen Pritschen zum draufliegen und
überall hingen grosse “Kötzlichübeli“. Du!
Am morgen, als wir losfuhren begann
es, doch nach allen, allen Seiten zu
schaukeln. Bis ???? 11 ? [Uhr?] waren wir froh
als der „Attention Please“ nur sagte
wir dürfen wieder aus den Schwimmwesten
kriechen und uns bereitmachen für das
Aussteigen.
Die Zugreise war interessant. Eigenartig
wiewenig einem die ??rpe?rauten schöfli
rühren. Überigens stand noch erfreulich
viel.
In Paris kamen wir wieder in ein
feudales Hotel. Lauter Spiegel und wieder
Spiegel! Und um 10 ? [Uhr] schliesst ganz
Paris!
31. Jan. Am morgen in Lazaree[30] auf’s Zoll
bureau. Alles verlief gut und wir wurden
frech und gingen daraufhin Parfum kaufen
und hoffen nur, dass es am Schweizerzoll
auch so gehe.
//// 17v
Am Mittag gingen wir allen Schönen
Läden nach. Rue de la Paix und Place
Vendôme. Bei Schiapparili[?] sogar frech
mit unseren Rückwanderermänteli hinein
und kauften ihr Parfum. Vieles von meinen
geliebten Parfum sind wegen Grundstoff-
mangel ausgestorben.
Die Pariserherrn sind viels. & tadellos
angezogen wie die Engländer. Dafür
trägt die Frau viel hübschere Coiffure
und viel mehr Hüte. Aber Schuhe!!
miserable!
1. Febr. Die ganze Nacht durchgefahren und
um 10 ? [Uhr] in Basel angekommen. Und wie
haben uns das Grüppli “Auslandschweizer-
hilfe“ geholfen! Man wurde von eine[m]
Office ins andere gebracht und sogar
die Zöllner hatten Mitleid mit uns
und liessen uns durch mit allen Cigarettli
Parfums und Gold?ö?li!! Wir lachten.
nachher gabs ein gratis Lunch und
jeder ein Bileet in die Hand und eine
Zugverbindung und weiss ich was. Rührend.
Und’s Muscheli bekamen wir an’s Telefon
und es lebt!!
Spät abends sind wir nun heimgefahren
Es ist alles noch beim alten nur hat
Muscheli ganz weisse Haar.
//// 18r
15. Febr. 46 Hallau
Nun sind wir schon 2 Wochen hier bei Mueti.
Es ist ein Schatz. Nur hat ihn’s das Leid,
das es nur selbst Tragen musste wie er-
loschen. Es könnt mir das H??? abdrücken.
Aber vielleicht wird’s auch wieder besser.
Wir sind noch kaum aus dem Haus ge-
wesen. Es ist so kalt.
Einmal in Trasadingen[31] mit Re??! Tanti
Elise hat die gleiche hellen Augen wie Vati.
Einmal sind wir durch die Bubenhalde ge-
gangen. Aber ?? ??? Winter, die Felder
gelb und alles kahl.
Heute kam Ernstli. Ist es fein geworden. Wie
haben wir eine schöne Familie. Ich bin so
glücklich dafür.
Zürich 19. Febr. 46
Wir haben unseren neuen Jacketkleider von Frau
Ruefer angezogen und reisen nach Davos. Es
dünkt mich, wir seien so ganz anders als
die Schweizer.
Gestern Mittag haben wir eigentlich nichts ge-
macht als 1x die Bahnhofstrasse hinauf
und wieder hinunter. Ich glaub ich hab
nur vergessen den Mund zu schliessen vor
//// 18v
Staunen. Was hat man da alles heute!!
Und was für ein Luxus! Diese Goldschmiede-
läden sind wundervoll. Alles ??? kunst-
werke, dieser moderne Schmuck. ??? protzig ?!
Und Esswaren und alles, alles !! Und Hüte!
Nein Hedi & ich schauen uns jedes mal
an und sagen: Neun auf alle Fälle nicht so
einen!
Elsly bei dem wir wohnen ist noch ganz das
alte. Nur voll Enthusiasmus. Aber wie fremd
ist ihm auch das indonesische Problem.
Es ist enttäuschend das immer wieder be-
obachten zu müssen wie sie es hier in der
Schweiz falsch auffassen.
Überhaupt, was hat es nicht alles für Nazi-
freunde gehabt[?], hier in unserer Schweiz. Er-
bärmliches Zeitzeichen.
21.II.46 Zürich
Wir haben es sehr streng.Bis alles ein bisch[en]
geregelt ist. Und die vielen Bekannten die man
begebnen muss. Heute tragen wir Frau Wagner[?],
Sie ist alt geworden und hat auch viel Leid
hinter sich. Ich liebe ihren weiten Horizont. Es ist
eine Wohltat mit ihr zu sprechen.
//// 19r
21.II.46. Abend
Wir mussten zu einem gewissen Dr Prof Steinemann
zum Thee! Ist das ein Scharlatan! Mag sein, dass
er etwas von Völkerkunde versteht. Wohl
aber noch mehr vom guten Geschäften. Und
ja anonym[?] möchte er etwas über die so
aktuelle Indonesische ??estie schreiben. sa??
und gar[?] gegen die Holländer der …ffe !
25.II. in Zürich.
Hier wohnen wir in St Peter. Elsy hat die Grippe.
Wir gingen gestern die alten Glasmalereien im Kunst-
museum angucken. Wie sind die schön. Diese
feurigen Farben und originellen Zeichnungen.
gelacht haben wir mit Ernstli. Nett war’s.
Und sind nun weitergefahren nach all den
?buladenen Zürichertagen, nach Davos. Wir
durften echtes Schneien erleben. Schon vor ein
paar Tagen in Zürich und hier nun auf
der schönen Reise. Jeder Baum, jedes Stüdli
hatte ein Kleid aus Schnee. Das muss man
erleben. Wie schön ist’s doch!! Könnten es nur
unsere lieben Toten erleben. Und wär’s nur
ausserhalb der Schweiz weniger elendig. Ich
denk so oft, ich sollte helfen gehen.
27.II.46
Mit Antschi’s Mutter durften wir Teetrinken im
Räthie[?] Ist das ein Unikum.
//// 19v
5.III.46
Bei Lu?? Sti??er ist’s wirklich nett. Und sie
bewirtet uns!
Ich geh viel spazieren. Der Schnee ist so
schön. Hätt Hedi nur jemanden zum Ski-
fahren. Es ist so rastlos[?], das arme.
Dafür kam Antschi heut und wir durften
mit ihm zum Tanti Delter[?]. Die ist sehr nett.
9.III. 46
Halb Deli ist hier in Davos! Bracks, Totoli
Am???ts Nideggers, Dietikers, und natürlich
Antschi & wir. Man fühlt sich grad wieder
ein bisschen zuhause. Die Schweizer sind wohl
ganz anders geworden als wir. innerlich.
Sie müssen uns abnormal finden. Wie wir sie
so finden. Doch, sie nehmen alles so selbst-
verständlich.
Aber sicher, wir benutzen ein Bett schon wieder
ganz. Im Anfang lag man am Morgen noch
so wie abends; wie ein Brett. Wir können auch
schon wieder den Post???chen geniessen und
das Telephon. Alles Dinge die wir verlernt hatten.
//// 20r
Sonntag 10. III. 46
Hedi & ich gingen heute morgen nach Frauen-
kirch.[32] Ist das ein herziges Kirchlein! Wie
ein Taucherli; Wie ein kleines Vögeli in einer
Hand so sitzt es da. Eigentlich ist’s nur
ein Lawinenbrecher und da hat das Gottver-
trauen ein Kirchlein daran gebaut. Und
die Sonne hier! Hedi wird auch munterer.
Zi? Sti??er ????? uns noch ihr Leitspruch:
Als ich noch jung und unerfahren
hatten meiner Achtung andere Leute.
Später traf ich auf der Weide
Ausser mir, noch andere Kälber.
Und jetzt acht ich, sozusagen,
Erst mich selber!
natürlich: W. Busch.
16. III. 46
Nun sind wir schon wieder in Zürich. Weg Davos
& Schnee. Zürich riecht ?????? nach Frühling,
heute lunchten wir mit Ernstli. Was ist das doch
für ein netter Bruder geworden. Wie er nur Glück
hat mit Ruthli. Ich gönnt es ihm so.
Morgen müssen wir an eine Sumatraner Schaden-
verlangenen-Versammlung[?] Da wird man alles
wiedersehen! Und nachher nach Bissegg Autritts
Visite! Natürlich mit der besten Ma????.
//// 20v
19. III. 46
Hedi & ich gingen heute an den Einsiedlerweg.
Wie sagte nun Vati:
“Eisigler, Eisigler was traged er hei?“
“Läri Säck und müedi Bei!“
Wir gingen die Buebehalde hinauf. Schnüffelten
durchs ??? gras nach etwaigen Blumen. Dann
den Wald hinunter .- Die Buchen haben schon
silbrige Kuppen und die Föhren mit roten
Stämmen sind prächtig - Und im Einsiedlerweg
unten im Wald da blühen wahrhaftig die
Leberblümchen. Wie wunderwunderschön!!
Der ganze braungraue Waldboden voll blaue
Sterne und den Hang hinauf graue Buchenstämme
durch welche ein blauer Himmel schimmert.
22.III. 46
Alle Tage wenn’s die Arbeit zulässt gehen wir
in den Wald. Heute mit Ernstli fischen.
Ach, der Frühling ist so früh & schön. Bad-
Bumeli sahen wir auch schon und am
alten Mühleweg muss es Pulsalilie[?] haben!
Seidelbarsch hat es auch viele, viele. Sie erinnern
mich immer an Vati. Ach wie oft will? man
damit zu Vati! Geh ihm’s zeigen, oder frage!
//// 21r
23.III 46
Ja am alten Mühlenweg blühen sie. Wir liefen
über den Berg am Schelerhof - weisse Ku??e -
längs und an meinen 2 geliebten Förren.
Links das Chleggi rechts der Schwarzwald.
Dann hinunter, durch bemooste Wiesen zwischen
den Wald! Den hralten[?] Mühleweg. heute
fanden wir auch die tief in den Berg ein-
gefressene Römerspur. Und zwischen
dürrem Eichen- und Buchlaub die Küchenschellen.
??? mit Silberlaubigem Stempel & Blatt.
Wie schön -
Abends sind wir noch zu Bäsi Beite[?].
Seit Jahren liegt sie auf dem Kanape.
Ist doch kein Leben.
24. III 46
Par?ang’s Bruder, Alfred Bauer war hier.
Wie gleicht er unserm Bauer! Sogar dieselbe
Grimasse. Wie eigenartig .- man war direkt
zuhaus mit ihm.
27. III. 46
Zwischen hacken & Reben anbinden - solltet sehn
wie fein wir das könne[n] !- an den alten
Mühliweg zu unseren Pulsatille. Es sind
viele am Blühen. Hedi und ich geniessen’s.
//// 21v
29. III. 46
Unsere Tage fliegen. Da kommt Frau Ruefer und
wir sitzen am Kleidernähen. Phu! Dann
wieder hacken, Gärtnern, Reben etc, dann
wieder Be????. Und immer lange Läufe
in den Frühlingswald. Nicht zu beschreiben
dieser Wald. Noch grau doch voll K????.
voll blauer Leberblümchen, Veilchen und
Schlüsselblümchen, gelbe. Und die Vögel
singen und singen; eine Lerche stieg[?]
vor uns und jubilierte.
Man wird wieder normal. Wie war
man doch noch vor ein paar Wochen
gereizt! Nichts konnte einen ?????d [gesund?]
machen und nun lach ich. aber ich muss
mich doch schon verändert haben. Ich kann
keine Sentimentalität mehr ausstehen.
Und möchte nur noch einen Strauss
von wertvoller Bekanntschaft zum[?] pflücken
Das andere lass ich liegen. Wie scharf
seh ich durch viele Menschen. Ich erschrecke
selbst oft. Und dann hoff ich nur, dass
sie mich in Ruh lassen so wie ich sie.
Ich sah so viele wertvolle Menschen sterben;
das kommt wohl daher.
//// 22r
31. III. 46
Zumstein[?] ist zuhause für ein paar Tage.
Heute gingen wir Trudi R. entgegen auf
die Sibligerhöhe. Surbecks gingen in
Deckung an den Abhang unter wilden
Kirchenbäumen & wilden Eichen. Man
sah das ganze Tal mit braunen, grünen
gelben Äckern. Im jungen Gras 2 Rehe,
unter uns. Wie die schöne Sprünge
machen! Wie gefedert. - Trudeli
kam dann und wurde trotz dem riesigen
Schnabelhut von uns angenommen.
und heimgeschleppt wo unser Muscheli
ein herrliches Zmittag hatte.
4. IV 46
Die ganze Woche schon in Zürich. In
St. Peter, wo man so auf den Peter sieht.
nett ist’s hier. Ach und was gibt’s
nicht alles in Zürich zu tun. Zahnarzt,
advokat, viele Besuche! Heute schleppten
wir Totoli herum. Wir entdeckten lauter
schöne ecken im alten Züri.Um den Linden-
hof & St Peter hat’s schöne Bäume
und alte Häuser. Man möcht am
liebsten da wohnen - und alle Tage im
K?????garten zwischen blühenden Stauden Thee trinken! -
//// 22v
Heute schleppten wir’s Muetti in die Egg
und wurden eingepackt und Brief-
papier mitgenommen denn man hat doch
elend viel Briefe zu schreiben.
Wir lagerten zwischen Anemönli und
hörten die Vögel singen. Und zu wisse,
dass Mueti auch dabei war!
Letzhin hatten unsere Kastanienbäume
goldene Knospen. Echt Golden, an
schwarzen ästen. Jezt sind’s schon
hellgrüne Blättchen -
15. IV 46
Wir hörten einen Vortrag von W. Guid??
über Bali. gut. Aber so war’s vor
dem Krieg! Da denken natürlich alle
dass es noch so sei und überhaupt
war Bali eine ganz grosse Ausnahme
und vor den Holländern auch so
zart[?] behandelt dass ja diese Kultur
nicht zergehe.
16. IV 46. In Schaffhausen unsere Antrittslisten[?]
gemacht!! 5 auf einmal! Eine Leistung!
//// 23r
21 IV 46. Ostern !!
Und was für eine schöne. Herrschaft, ist
dieser Frühling sonnig. Die Bauern klagen aber
wir Sumatraner geniessen’s.
Und wir haben allen Mut zusammengenommen und
sind nach Dielsdorf gefahren, mit dieser
Schweiz, die allemal reizt.
Alle Obstbäume, Apfel, Kirsche blühen
und die Wiesen sind schon grün und
in Dielsdorf wurden wir nach Noten
verwöhnt. Die grösste Eiche gingen wir
im Wald angucken. Ein Baum! Da
glaub ich wohl, dass der Kanton Zürich
stolz ist. Und Glauser hat uns mit
viel Stroh & Liebe seine Landwirtschaft
erklärt. pö
24. IV 46
Wieder für ein paar Tage beim Zahni.[33] Ich
logier bei Trudeli in seiner ganz reizenden
Wohnung. Man wälzt abends Probleme
und seine Sorgen und isst hie & da
miteinander. Somit hab ich’s schön und
guck alles schöne an. Heute das Kunsthaus.
Schöne Renoir haben sie.
//// 23v
Aber die Schweizer haben momentan
ein Fimmel für’s “echt Schweizerische“
Heimatstyl. Nein so schön ich alles
am Anfang fang. Ich würd mich
doch persönlicher ernrichten!
27. IV 46 Hallau
Ja zu hause bin ich und spielte
stundenlang den Regengott. Es ist so
trocken und da muss man doch
helfen!
2. Mai 46
Heute kam Tottoli. Gestern war ich in
Zürich - so geht’s. Zwischendurch all
die andere Arbeit. Bin ich froh, dass
wir so viel zu tun haben - Ich weiss
immer noch nicht wer von uns normal
ist: die Schweizer oder wir. Man hat
hie & da noch das Gefühl man
müsse aus diesem beschützten[?], sorglosen
Leben hinaus und helfen, helfen
in all dem Elend um uns, aber
so langsam gewöhnt man sich an das
bequeme Leben, und dort ist dies abnormal.
//// 24r
Mit Tottoli haben wir Maierisli gesucht.
Im Wald an der “Tüfelsherdplatte“ wo
wir auch Türkenbundknospen sahen. Auf-
regend ist das! Und alles in jungem
grün!
Morgen müssen wir in die Reben erb??den.
Sie haben alle ein grünes Kränzlein
über die grauen Bögen. Wirklich schön.
Jetzt ist’s dann tagelang in den Reben arbeiten-
11.Mai 46 Hallau
War das wieder viel. Chrüpeli mit Frau
kam, mit eine Rasselb????. Der machte
uns so z’gluschten und so fuhren wir
?a?? nach Konolfingen. So kams. -
Erst noch die Todkranke Tante Sisi besucht
dann alle die Jungen von Tante ???
und ihr Chrigu wieder kennengelernt.
Ja, die sind jetzt alle Erwachsen!
Und nett wars und schön das Land.
- bei Langnau die Wässerwiesen[?]
voll von Dolderblumen! soweit man
sah. -
Konolfingen wurde ge???? und Be?
? Ernstli. Alles. Rokrs weniger und
Chrigu’s Gsturm[?] am wenigsten. Aber bsst!!
//// 24v
12. V 46
Nachts geh ich auf’s dunkle Läubli, ????
ist kühle Ruhe. Der Brunnen plätschert,
der Mond scheint durch Schäfliwolken.
Mir ist’s plötzlich als hört ich um die
Häuser ein Rufen nach mir.
Für Sch?den weiss ich wie ich war als
ganz jung; zu innerst war. Wo das ganze
Wesen, zu innerst in allem ein Rufen
zu hören gemeint.
Eigenartig wie ich nun nie mehr daran
denke zu horchen. Innerlich zu horchen.
Zufällig dieses Geräusch in der Nacht,
das klang als riefe es mir, machte
es mir plötzlich so klar das Wesen
der Jugend, das horcht und wartet,
erwartet.-
17. V 46.
Alle Tage Reben! Heute sind wir ein
bischen nach mit arbeiten. Ich durfte über
den Berg. Zuerst in die Fuchshalte unsere
Nussbäume beschauen. Und immer flog mir
ein Füchsli, rotbraun und froh vor den
Weg. Dann musste ich noch fast nach Schleitheim
hin ????. Ach wie lockt einen der
schlne Geruch[?] und die schöne
?????welt!! Und morgen kommt Zia
Stiffer [?] !
//// 25r
22.V 46
Zia kam und stellte wirklich fast die
Brunquelle[?] auf den Kopf.
Alles musste sie gesehen haben. Alles. Das
ganze Haus, die Gärten & Reben und
Zid??li - unterdessen hat es schon
Erdbeerli - Unseren Berg mit Schleehag
und Steinbruch mit Muscheli!!
Trasadingen samt Tante und was
dum & dran. Alles. Sogar das
malerische Schaffhausen mit Erkerli
& Klosterfenstern - was hat’s da nicht an
Kräutlein .- S’Museum von z’unterst
bis z’oberst (ja und die Hindernisse bis
so ein WC gefunden!) ???? wir natürlich
zeigte unsere Zia auch überall mit
Stolz. Sogar Tante Irma durfte sie
sehn, so mit platzendem Rock!
A propos Schaffhausen. Was hat’s da für
nette Namen an den Häusern:
Mandelbaum, Muskatbaum, Zitronenbaum, Trauben,
Golden Rose, Golden Way, TigerTie & Tierpa???
Goldene Lilien, Granat, Siltiel, wilder Mann, Ochse
halber Mond, Süsser Winkel, Im Höfli, Glas, etc
Ein Märchen wär daraus zu machen! “Zum hintern Klee“
“Zur hintern Tugend“ Chummichwecken, silberner Mond,
//// 25v
25. V 46
Samstagmittag, wir zwei über den Berg
nach der Tüfelsherdplatte. Schon ganz sommerlich
ist der Wald. Grün und voll summen und
?u?kten. Und …. reife Waldbeeren fanden
wir!
26. V 46
Ein voller Tag. Morgens um 11 ?[Uhr] waren wir im
berüchtigten Inthurnenn[?] - der Albi hat zu
gut das Nachbarshaus Feuer gelöscht und
die Schaffhauser wären so ??? ????`es wär
beim Bombardement auch zerstört worden -
Balkhaus spielte plötzlich Bach. War das ein Genuss!
Dieses Genie Bach.
Lunch bei Tante Dina. Nett wars & Maritte
ist eine Prachtsmaitha! [?]
Abends waren wir im St. Johann mit Mueti
in der H. Molsmer. Bach. Ich würdt sie
am bliebsten selbst mitsingen um sie ganz
zu verstehn. Sie ist gross und herrlich.
Ich bin noch ? am schwärmen davon.
28. V. 46
Gestern waren wir doch so fleissig. Warum
sollte Mueti heut nicht auch mitkommen
über den Berg? Ich halts bei diesem schönen
Wetter kaum aus zuhause. Und die
Wiesen im vollen Blühen!! Beim Stein-
bruch, wie immer wurde gerastet und
gesucht & gestöbert!
Aber was braucht das für Scenen bis Muetti an einem
Werktag mitkommt!
//// 26r
30. V 46 Auffahrt
Tante Dina mit ?ronegg war hier und
wir landeten wieder, längs dem Schleehag
auf dem Steinbruch ob Egg. Man sieht
den Schwarzwald, die Berge vor uns und
gegen Schaffhausen mein lieber Randen, breit.
Tatzig und ruhig. Man findet Müscheli -
und hofft immer noch auf eine Sedilei[?] -
und die Wiesen blühen & duften. Und
der Himmel ist durchsichtig klar.
31. V 46 Ich kann mich kaum mehr regen.
In der Hohlegass gearbeitet, Erdbeeren gepflückt
und gegessen. Sie ????? nur die besten
Pla [unleserlich] sind: Monatserdbeerli. Mme Mertot,
Leopoldshall; aber süss und herrlich. Und
warme Sonne und rotleuchtende Käpis.
2. VI 46 Grüters, Reys. Ernstli & Ruthli
haben uns gestern überrascht. Man hatte
zu erzählen und so wardie Zeit um.
Ruthli & wir, Hedi & ich, wir beschnuppern
einander immer noch ein wenig. Man
hat’s wie Hunde die auch vorsichtig
sind! Aber wir hoffen[?] doch gewaltig
mit so einer netten Schwägerin.
//// 26v
3. VI 46
Heute wurde Eugen Arbenz kremiert.
wir mussten hingehn. Alle Freunde von
Vati sterben. ?egelberg, Arbenz, Ebuli,
Reyer. Muetti fühlt sich ganz ver-
lassen. - A propos. Das Krematorium
ist fürchterlich! Fehlt mir noch, dass
die Fetzen ausgerauftes Haar von der
Kuppel herniederschweben. Diese Fresco-
figuren mit verrenkten Gliedern sich
haarausraufend?!!
5. VI 46.
Mit Muetti & Prof ???? nach Schaffhausen
und auf die Rauche mit Frl. Gi??rest.
Der Aufstieg durch den Wald was so schön.
Und ich suchte nur Vati. Es war als
müsste er mit sein. Ach und der Randen!
Hat’s mir nie so schön gedacht. Diese
Wiesen! In den Wald laufen sie und
irgendwo seht eine Weltentanne oder
ein Gebüsch oder ein paar Förrli. Und
dann wieder diese Förrenwäldli ???
gras & Orchideen. ??iden aller Art.
Und Wald und weite Wiesen und
noch viel weiter der Blick!
Und Schmetterlinge. Wir fanden ein
ganzes ?esä?? voll Weislinge. Ein Dolde
wie eine Blume! Und viele
andere Sommervögeli gibt’s da auf dem Kalkigen Weg.
//// 27r
Die Schweizerb??. Das Schweizerlang.
Mit Hügelketten eine heller & zarter
hinter der anderen bis an die Berge. -
Und wenn’s dämmert leuchten die Wiesen
zwischen den dunklen Wäldern. Ein Käutlein
ruft. Der Wind geht durch die Förre.
Am morgen, früh am Tag singen alle
Vögel. Sie fliegen auf und sitzen auf
einen anderen Tannenspitz; immer wieder,
als ob sie’s hätten wie ich: sie könnten’s
auch kaum aushalten vor Glück am
schönen Tag.
Ganz früh gingen wir zur “Schwedenschanze“.
Unbeschreiblich schön. Ich fühl noch jetzt
die Glücksschauer ??? mich gehen, denk
ich darum. Erst über die Wiesen, die
blühenden, dann längs den Weg wo
man natürlich beim Steinbrüchli
hängen bleibt - dann winken rechts
der Hohehlinger & Hohetwyl und
Zochser. Nun weiter. durch Wald und
wieder durch Wiese. Jetzt durch dichten
Wald. Da sieht man die Nase des Berges
der Himmel schaut durch die Buchenkronen.
Und plötzlich steht man an einer Felswand.
Und zu unseren Füssen der weite Schwarzwald.
//// 27v
Wald und Ackerland so weit man
blickt und ferne links der Schweizer
?ure im zartesten Blau. Diese Weite !!
7. VI 46. Freitag.
Den ganzen Tag Reben ausge???. Ja
tatsächlich. Man könnte darin wie leben
nur von von ?usi ! Aber ach. da wird
zwischendurch gearbeitet bei den Surbecks!
Die Reben, der Garten das Haus der
aufgeräumt werden muss. Man wirbelt
tagelang herum und dann hat man
wieder rasch rasch Zeit um etwas noch
schöneres zu tun: unsere nächste umgebung
zu erforschen.
[Auf der rechten Seite ein Foto aus einer Zeitung]
23.VI.46 Sonntag
Muetti ist bei Haselbachs. Dafür hatten
wir Besuch ! Frau Ebuli, zer?? ??? als
je. Die arme Frau Marie .- Schudels
von der Heimreise auf dem Schiff. -
Würths, Er & Sie. Er fasziniert mich
durch seine Gabe des Zuhörens! Somit spricht
er hastig & sieht einen nicht an dabei.
Aber wenn er zu zuhört so leben seine Augen mit. Nette
Art.
//// 28r
30. Juni 46 Davos.
Ich bin natürlich wieder bei Zia Siffer um
ihr unter die Arme zu greifen und das
Inventar zu machen. Aber heut war ich den
ganzen Tag auf Strehlaalp[34] und Pan[?]. Ich
hatte es wunder- wundervoll. Ganz allein mit
den lieben Blumen und der Sonne & den
Bergen. Und immer war mir, Vati müsste da
sein und mir die Blumen nennen. Jedes
Blümchen erinnert an ihn. Auch die Berg-
?a?hne fand ich. Ganze Pölsterli davon.
Ach und Brändli, Katzenpfötli, Enzian und
alles was da in einem Bergfrühling blüht.
Abends traf Zia & ich sich und wir sassen
noch auch einem Schatzalp Tannenbödeli
als wir heimgingen. Sie ist so wie eine
Schwester, die Zia.
Könnt das aber der Vati sehn! Mir kamen die
Tränen vor Elend.
4. VII 46.
Ich sitz hier auf einer Fluelaalp. Vor mir
das ganze Berggebilde der gegen den Eurach[?]
abschliesst. Heute wir[?] Parsenn. wei???? und
herrliches Wetter. Und Alpenrosen hat’s! Ach
ist das ein glücklicher Tag. Und Schmetterlinge
fliegen herum und Kühe bimbeln! Und als
ich auf Tschuggen ankam bimbelte ein winziges
Kapelleli den Pferden zur Mess.
//// 28v
Wildes Gestein. Der Berg warf’s hinunter.
Ich stehe oben und seh in diese gross-
artige Einöde. Nur ein Fleck Schnee dazwischen.
Und jetzt bin ich hinuntergestiegen, Alpen-
rosen pflückend. Und hab mich unten
in den riesigen Steinblöcken verlaufen. Alles
graues Gestein mit gelbgrünen & schwarzen
Flechten und hier ein Stück Alpenrose !!
Ein rosenfleck gegen den Himmel wachsend-
und über dem Tal die milchigen Bäche
rauschen bis zu mir und die Berge und ganz
still mit ihrem Schnee[?] in der Mittagszeit.
Und schau da! Ein St??? , ein grünes,
verirrt sich vor mir, auf dem Stein. -
Der Weg durch’s Tal hinunter ging durch
Alpenrosen. Ein echter Bergweg. Schaut ich zurück,
was ich oft tat, so sah ich den Berghang mit
Förren & Alpenrosen das Tal nach & nach ver-
decken. Die Schneeberge schauten nur noch
zum Grüssen herüber. Unten schäumte
die Fluela. Ein Bild wie ein alter
Stich. - Dann kamen Tannen. wunder-
voller Tannenwald.
Und das schönste ausser dem ??? zur
Seite tosende Fluss: morgen kommen Muetti
& Hedi !!
Heut abend wird zwar noch dinniert
mit Fam. Dietiker.
//// 29r
6. VII 46.
Den ganzen Tag mit Hedi & Muetti auf
Muettis ???ipl. Die Wolken leinen [?] wir,
mit sehr vielen diplomatischen Ränken
der Rhät. Bahn, zurück und fanden
im Engadin Sonne. Und wie schön
war’s zu dritt die Blumen geniessen
zu dürfen. Muetti rollte sich zwar bald
hinter einen Stein und pflegte die Ruh.
Wir mussten immer weiter den Blumen
nach. Hier lockte eine Schwefelanemone,
zierlich, buschig & gelb dort ein rosenrotes
Pölsterli und dann Enzian & dunkellila
Flüehblümchen. Aber, wo grosse Steinblöcke
lagen, da fand man sie am Rand von[?]
den[?] Steine oder zwischendrin. Und
Goldanelle & Schnee samt klarspiegelnden
Schneewasserpfützen, Seescherben eher, die
die Berge & der Himmel noch viel schöner
spiegeln. Und überall der wunder-
schöne gelbe Enzian.
Auf dem Heimweg in Samaden trafen wir noch
Angi Töndurri. Was für ein Zufall. ???? die
Frau Lischi Brutsch.
//// 29v
8. VII 46, Davos.
Ach wie kalt und regnerisch ist es wieder
gweorden. Wir leben im Haus und möchten
so gern die Alpenblumen aufsuchen
auf Gotschna.
Heut ist Chilbi. Zia hat das Haus voll
Chilbillüt und es streng. Die Arme.
Wir gingen natürlich früh unsere laugen-
schuten Messmöcke und Zuckerkirschen
kaufen!
Abends gab’s noch ein Abschied ?????????
von Dietikers gestiftet mit sehr viel Theater
?eihus das hyterische Tanti !! Paul Held
und der Mann der weissen Alpenrosen kam
auch noch. Nett wars.
In unserem Zahnputzplan steht auch eine Creme[?]
Alpenrose, und eine rote. Heldenhafte Paul brachte
sie mir. Ich liebe seine Fantasie, die weit
greift, und seine Bescheidenheit. -
Letzthin war ich abends noch in Frauen-
kirch. Ich musste dort dem Kirchlein einen
Gruss bringen. Heut sieht man darum
herum ein herziges Bergfriedhöfli. Blumen pflückend
durch die blühenden Wiesen wanderte ich
heim um spät noch Zia mit einem riesigen
Schirlingstrauss zu entzücken.
//// 30r
9. VII 46.
Heute ging’s heimzu, In Rafz [oder Rapy für Rapperswil?] musste
erst noch Antschi besucht werden. Es
war so nett, so elend nett und Muetti
fühlte sich zuhause.
10. VII 46 Hallau.
Den ganzen Tag gearbeitet. Alles wartet
auf unsern Fleiss. Emdli[?] gepflückt,
mitten aus er Roten Baumdolde.
Wir denken, wie gesagt, bald im Emdli-
format: rot und rundum vollkommen.
ich wenigstens. übermütig bin ich
und freu mich auf vieles.
Dann wurde noch gebaut, Erdbeeren gerupft,
unser Gärtli vom schreiensten Unkraut
befreit und gewaschen. Und nun ist
man nach ein paar B??? ge?riebe, reichlich
Müde. Gutnacht.
Ach, wie ist der Mond so wundervoll!
Silbrig liegt sein licht über dem Wald-
hügeln der “Dicki“, über Nachbars zwackigem
Gipfel wo er den wildbewachsenen Löwengraben
liebkost. Unten im plätschernden Brunnen
lernt es silber Schuppen schwimmen. Und dem
Kastanienbaum gibt er ein verträumtes Aussehen! -
//// 30v
11. VII 46
Immer fester blüht der Lavendel und
es sitzen samtbraune Fälterchen darauf.
In den überreifen Himbeeren hangen ver-
schleckte Bienen. Was für ein Reichtum
an schönem & süssem.
13. VII 46
Wieder so wundervoller Mondschein. Er wirft
ein versilberndes Licht über meine Roten Pantoffeln -
“Latschen“ würd Gordil es nennen - ein sie stehen
da, auf dem kleinen weissen Chinesenfell
bei meinem Bett wie ver?ankert im Netz
dess Fensterkreuzes, das der Mond auch
über sie warf, schwarz auf all dem Silber.
Wir waren in den Reben bis ½ 9 h. Der Abend
war so schön, da musste ich noch auf den
Berg im Dämmern. Die letzte Lerche sang noch
dem letzten Sonnendämmern nach und schon lang
stand der Vollmond und wartete bis
er scheinen durfte. Eine Drossel flötete
aus den Buchen und die Förren & Tannen
in dem Buchenwald standen dunkel und
still. Man hörte nur Insekten und hie & da
ein Schwärmer brummen. Im Heimweg lag das
ganze Thal im Mondschein. Auch der Steinbruch
längs dem Weg mit seiner Eiche und
Birnbaum. Alles im Mondschein. Die
Kirche, die mir noch in den Wald hinüber
gutnacht läutete, ich glaub,
sie schlief im kühlen Stein, so still lag sie da.
//// 31r
14. VII 46 Sonntag.
Natürlich an einem Sonntag passiert es einem,
dass man nicht schlafen kann am Morgen!!
Ich stand eben auf und trank einen frischen
Z’morge mit Muscheli und war schon sehr
früh auf dem Berg gegen den Randen. Als
einziger Wegbegleiter das G’schlarp meiner
schweren Schuhe. Ich wollte doch einmal den
Türkenbund sehen am Randen.- Ach ja,
und was fand ich. Mein Stück Wald war
weg und nur noch ein Kartoffelacker lag
da. Seine Erde war mit Wurzelstücklein
besäht, dem letzten überrest meines Waldes.
Weiter oben, wo noch Wald war, war auch
Türkenbund, aber alles von einem Tierli
abgefressen. Ich höckte in den Schatten und
trottete nachher wieder heimzu. Der rote
Mohn hat noch keine reife Saat. Wenn Antschi
kommt, holen wir sie dann und streuen
längs unseres Wegs zum herrlichen feurig-
roten Ange???? Mohn. -
Auf dem Heimweg musste ich die Stelle suchen
wo wir, Hedi Ernst und ich im Frühling
ob einer Eichen???? unter dem Schatten
eines Kirschbaumes auf Trudi R. warteten.
- ein graues Etwas, stelzend mit noblem
Hut - heute hatte es dort reife wile
Chirsi, für meinen Durst. Weiter vorn
musst ich sogar reife echte Kirschen mausen
vor lauter Durst. Und ein wegrandstrauss
bracht ich heim! Ums Götti neidisch zu machen! -
//// 31v
16. VII 46
Wie wird man ruhig im Wald. Nach all
dem arbeiten - wärke, chüechle, Einkochen -
durfte ich abends in die ?????. Muetti
hatte Gottlob einen haufen Socken zum
flicken, somit hätt’s ????????
wenn ich gut gewon! [?]
Der Sommerwald hat wenig Vogelsang. Tauben
grüssten; Insekten summten. Efiräe[?], w????röschen,
Ger??erblumen, sehr gross, innen silbrig
behaarte, und schon einige Sträuche
mit roten Beeren, das war, was
für meinen Strauss dastand. Die
Schirlinge kommen erst noch. Es hatte ein
paar Prachtsknospen. Die reinsten Skulpturen.
Berge weit weg im Abendrot. Reifende
Früchte - letztin so grüngelb wie eine Zitrone.
falter gegen den grauen Himmel - roter Abend-
Himmel. Ist des nicht sehr viel Glück
für einen Werktagabend?
Als ich heimkam hatte Muetti uns
zu erzählen von der Freude die es gemacht
mit dem alten ?l?tzten Kochherd den es
wegscheurte. Die gute Empfängerin ist über-
überglücklich. Wie freut mich das.
//// 32r
?? Totoli, unser Toto, war hier, zum Tisch.
Es war wie ein Feiertag. Man ging früh an
die w?tad und sonnte sich und fing ab und
zu eine Heuschreck für den Anfänger, den miserablen.
Ja, er muss es halt auch noch lernen. - aber
schön war das sonnige ErnteWetter in dem
stillen Waldtal. Ausser einer wilddavonjagenden
Lokomotive, bimbelnd, denn das gehört zum
Wutachbähnli [?] - störte uns wirklich nichts.
Hung[rig] lies man dann die Zunge längs,
denn es war heiss! Im Chlettgi stehn überall
schon nur noch Babili wo einst Kornfelder
warn. -
Ich hab ja ganz ???? die nette ???????
mit den Besuch der Bosteilis & ihrer Schwester
samt Fritz zu notieren. Wir hatten ja eine ganze
Woche lang gefegt & geputzt wegen diesem Holländer!
Es war ganz elend nett. Sie sind einfach Schätz.
Das Haus mussten sie sehn. Der Garten, die
Regen und erzählen mussten wir alles und
horchen auch alles. Aufregend! Wie sie nur auch
auf der Heimreise hier längs könnten kommen.
28. VII 46. Sonntag
Paul Held, der schüchterne Mann, kam & ging so
rasch, dass man dastand und verwundert nach-
schaute. Dafür kam’s Trudeli mit Staub und
wir alle genossen Vati’s schöne Zeichnungen .
4. VII[35] 46. Ein Besuchfreier Sonntag! Wie eigenartig in der
Brunnquelle. Ich genoss s’Gärtli! Lavendel, Wegerich & Sonne!
//// 32v
7. VIII 46
So nun wären wir wieder zuhause. Gebadet
und frisch. Montagabends sind Hedi & ich
nach dem Randen gefahren. Via Merishausen
- 1100 Jahr altes Nestchen - Der Randen
ist mir noch gleich lieb. Ein Berg zum
durchwandern & durchstrielen. Zwischen Nacht
& Dämmerung hatte es ein Sturm. Jene Nacht
auf Dienstag. Wie sauste der Wind! Wie
sang die Luft über die Emdwiesen. Und
schüttelte die Bäume. - Im morgenschein
fanden wir wieder Stein am Rhein zwischen
blauen Hügeln und die Förren standen noch
ebenso ruhig im Wiesland wie vor dem
Sturm.
Die Wiesen sind alle gemäht und tragen
kurzes gras & Geblum. In den di???er
Förrenschlägen steht noch hohes gras &
gelbe Blumen. Das gras, dürr glänzt
wie Metall, so glänzt’s auch über die
verschiedenen Acker voll Frucht die hier &
da zwischen Wiese & Wald sich aus-
breiten. ??? sind’s schon Babili oft ist’s
noach ein ganzer Acker voll Ahren. Wie
Gold, reines Gold. Und dunkelprunner[?] Wald
//// 33r
8. VIII 46
Und saftiggrüne Wiese. Über alles ein
blauer Himmel voll schwebewolken und
vile, viele Sommervögel.-
Auf einem Skabiver[?] sassen goldene
Möttchen mit riesiglangen Fühlern, in
den Farben der Blumen. Wenn viele darauf
sassan so dachte man die Blume habe
so lange Staubgefässe.
Zuviel Volk hatte es mir dieses mal da
aber. Ich war wie betäubt vom Lärm.
Familie hier, gute Bürger da. Nein, zu
viel für mich. Hedi & ich mussten uns
wehren.
Abends war Mondschein und sah alles noch
einmal mit fremdem, lockendem Gesicht uns
an. Die Wiese schimmerte. Die Bäume standen
dunkel und die Wettertannen liessen ihre
Tannzapfen glänzen. Alles jung und schön ge-
formt. Maike Stademann war da. - Dr
Schoch[?] trafen wir auch in einer Hütte voll Volk.
Ein so schönes Gesicht.
Heute morgen ging’s mit viel gejodell der
Gartgebein[?] über diverse Hütten samt Volk
gegen Hallau zu. Die Begleiter blieben zurück
bis zuletzt Dr Schoch und die Tochter uns
noch über eine Wiese hin winkten. Dann
noch einen Ausblick über’s Schweizerland,
/// 33v
über blaue und zartblaue Höhenzüge.
Es ist nicht zu beschreiben. Im Vordergrund
eine Wiesenkuppe mit Gebüsch da & dort
und dann blau wie ein Stich, ein alter,
die Ferne. Darüber noch zarter als die
zartesten, weitesten Bergzüge, der Himmel
mit Wolkenschiffen.
Dann wieder Wald, Buchenwald. Zuletzt
ein Randennass hinunter und durch
grasiges Förrenland. Da standen wir
am Waldrand. vor uns nur Baslerjura,
zartblau und der Schwarzwald, und
unten nun das Chleggi, Schön!
Über Strasse, Wiesland nach Oberhallau
wo wir eine gewisse resolute Frau Staad
aufsuchen wollen und das ganze Dorf
in einen kleinen Aufruhr brachten. Dann
heim zum Muetti wo eben erzählt werden
musste von allen Seiten.
Und immer noch das Prachtswetter. Sonnig
und ein frischer Wind.
//// 34r
8. VIII 46 Donnerstag.
Ja, so ist’s Auf dem Randen lockte uns
der Untersee mit Gnadensee und märchen-
haften Bergkuppen und noch sagenhafteren Namen
- Hohe Stoffel,[36] Hohen Krähen,[37] Hohentwiel[38] - Es lockte
dieses Land und blinkte der See in ???ligsten
blau. Und heute war so schön Wetter, dass
wir Muetti überredeten und den Rhein hinauf-
dampften. Bei[?] übervollem Dampfschiff, Blöde,
dass so viele die gleiche Idee hatten wie
wir - Der Rhein ist schimmerig grün und
die Ufer stehen vollherrlicher, silbriger Weiden,
alte Waldpartien mit Bäumen voll Fischreiher,
Schöne Bäume & alte Häuser und Klöster
und Städtchen in hülle & Fülle. Mit
Riegelbauten, mit humorvollen Dächer und
hie & da einem Prachtsstil, Katarinental[39] z.B. -
In Mannenbach[40], wo man den ganzen
Untersee vor sich liegen hat alles in Blau
& Silber im sonnigsten Sommertag, da stiegen
wir aus. Man suchte eine weitblickende Terrasse
& verzehrte das Mitgebrachte, verträumte
die Stunden über dem Schönen Bild. Abends
fuhr man wieder heim - natürlich mit vielen
anderen und Muscheli hatte einen schönen Tag
und wir noch viel schöner.
Ob diese Woche überhaupt noch gearbeitet
wird, frag ich mich?? Morgen muss ausgepackt
werden!
//// 34v
[leer]
//// 35r
1946
Schau, ein beleuchtetes Fenster! Es wird
Herbst. In den hellen Sommernächten sah man
nie Licht in den Wohnungen.- Heimelig sieht’s
aus, so ein Licht im tiefen Dämmern. -
25 IX Noch schnell die Sterne anschauen. Es
ist immer als grüsste mich Vati.- Das
Dorf ist ruhig. Der Kastanienbaum schimmert
gelb im Strassenlicht und dieses wieder
spiegelt sich in der Pfütze vor dem Baume
und lässt goldene Irrlichter im Brunnen-
becken Tanzen.
6. X Muetti hat Gedankenwucherungen! Walter
Bossharts Bild sah’s einmal und (typische
Handbewegung Muetttis) es kam ihm vor wie
einer aus unserer Familie. Im Flug verband
es ihn in weiter Zukunft mit einem von
uns 2 arlmen alten Jumpfern.
Zu[In?] diesem Problem. Hedi stürzt sich eil-
fertig auf die Heiratsannonce. Eifrig
wird studiert bis ein schallendes Ge-
lächter und laute Vorlese uns in
ärgste Spottlaune bringt.
//// 35v
[leer]
//// 36r
9. X Das ganze Dorf ist wirr! Den ganzen Tag
über war alles draussen, in den sich rotfärbenden
Rebbergen. - Trauben hat es, ein Segen einen
hellblauben Segen. -
Abends welch ein Betrieb! Wagen an Wagen
voll Zuber. blauer Trauben. Rossgespann,
Kuh-, Ochsengespann. Traktoren & Autos,
alles, mehr oder weniger geduldig, suchen
sich einen Weg durch dieses Gewirr von Wagen.
Die Dorfbewohner sind tätig & emsig wie
nie. Bis spät in die Nacht wird
abgeladen. Der Kastanienbaum leuchtet
matt im Lampenlicht. Pferdegetrampel
spät und um 5 [Uhr] früh schon wieder.
Die Wagen mit den leeren Zuber müssen
morgens im Rebberg stehen.
10[Uhr] abends. Der Mond, fast voll, wirft[?] wieder
des Fensterkreuzes Schatten bis zu mir herüber, es
grüsst und ruft in mir eine weite Zeit her-
auf. Dort war es auch so kalt wie jetzt,
dort in Lae-Pondom,[41] im Urbusch mit Vati. -
Immer noch trampeln Rosse mit den jetzt leeren
Wagen durchs Dorf. Diesen Rössli gebührt ein
Extradank der Gemeinde!
//// 36v
[leer]
//// 37r
Rauhreif.- Kirschbäume, ihre Farbigen Blätter
liegen im Kreis auf dem Boden, matt zurückleuchtend
aus silbergrüner Wiese.
//// 37v
[leer]
//// 38r
23. XI Es gibt Tage wo alles Schreckliche vom
letzten Oktober wieder aufsteht, dasteht mit
allem Elend, und man kann sich nicht er-
wehren.-
Nachmittag war Tante Irma + Schwester Clärly
da. Zwei Streitsüchtige Seelen. Wo ist deren
Endziel? Ergötzlich ist Tante Irma, der
raffinierte Egoist dem die narre Frau immer
wieder Verräter spielt.
25.XI 46.
Muetti hatte Geburtstag, mit goldenen Kränzchen,
gelben Kerzchen und Brillenfuttern + Handschuhen
um Tante Irma eifersüchtig platzen zu lassen! -
„Ja!“ Rief es verblüfft als es morgens früh
die brennenden Kerzchen sah. Ach und wie
es dann neugierig munter den Tisch beguckte!
Könnten wir’s doch ewig so bei uns haben.-
Und heute abend kams von Schaffhausen
zurück und erzählte Fürchterliches was der
junge Mundhenke im Krieg &[?] die Deutschen dort
durchgelitten. Es ist wahnsinniges Leid und
ein normaler Schweizer kann sich’s nicht vor-
stellen. Die unermessliche Tiefe! Was wird aus
Europa? --
Hedi hat ein Flechten, Eibenzweig + rotes Jumpernreblaub
Sträusschen gemacht! Ganz herzig.
//// 38v
27. XI Vati liebe unsre grossen Sand-
steinfliesen im Gedeckten Hof hinter der
Küche. Schon dazumal hat er ent-
rüstet über die Zementflick dazwischen.
Heute macht jedermann ein Geschrei über
all das alte schöne. Früher lachten
Sie uns aus. Massenpsychose.
Vati las in dem letzten Halbjahr die
Kunstbücher über moderne Malerei, und
versuchte zu verstehen. Könnt ich’s zurück-
drehen das grausame Rad!
1. Dez. 46. 1 Adventsonntag. Muetti geht
nach Dielsdorf und überlässt uns
unserer Kochkunst und arme Frau Rüeger
als unser Opfer!
5. XII. 46 den ganzen Tag eigentlich nur
wieder gepackt. Birenwegge die wir gest[ern]
gemacht.
Gestern ging ich in den Rebberg um 8 [Uhr]
Nebel, Raureif, blauer Rande und
durchbrechende Sonne. Jedes Harz?re?te-
unkräutlein hatte einen silbernen Zackenrand!
Die Distelblätter sind Kunstwerke aus Silber.
//// 39r
Der Nebel dämpft auch das Dorf, Hausecken mit
sangtem Aussehn, nicht feindseligeer, zueinander
schauend. Stassenlampen gross & weid.
Des Regenwasserkänels-Drachenspeier lässt
den Mund offen und vergisst zu Speien.
Geht der Nebel durch den Wald so heftet
er an die Lärchen, die Flechten, die Nebel-
blumen.
6.XII 46 Samichlaus. Muetti kommt zurück,
Es schneit!! Und Chläusli rennen im
Dorf herum, und aufgeregte Kinder.
7.XII 46. Wenn Hedi singt so ist es von zuinnerst,
Leise, für sich, vor sich hin.- Ich sing laut
und meistens plattes Zeug., aber schöne Melodien
singe mir verloren.- [???]
Ach je, letzten Freitag durften wir nach Schaffhausen
in’s Symphoniekonzert. Man geniesst doppelt
geht man so sehr selten. Und erst das
Schnupfdöschen von einem Theater!
//// 39v
[leer]
//// 40r
22.II 47
Hedi steht auf und geht zum Tischli. Nimmt
s’Vögeli in die Hände und ziehts sorg-
fältig, fast andächtig auf. Es guckt und
hört. Ich glaub es ist ihm wie wenn eine
Erinnerung zu ihm spräche. Vielleicht,
unbewusst löst[?] es fromli[?].- “Und Elsy
hat nie so etwas persönliches, hübsches
um sich.“ Sagte Hedi letzthun auf’s Vögeli
deutend. Ja, Elsy das grosse, egozentrische
Kind hat uns so sehr, sehr enttäuscht
und Hedi getroffen. Elsy sage vor Furrers,
dass sie nun auch einmal schauen
müssten sich hier wie andere durchzusetzen.
Die hätten es lang genug schön gehabt! -
- Hedi’s Äusserungen sind wie kleine
Splitter seines tiefen Innern. - Meine sind
so zu sagen alles was überhaupt in mir
sein kann. Anders gesagt hinter Hedis sitzt
Tiefe. Hinter den meinen tatsächlich nichts!
Hallau 28.II I
//// 40v
[leer]
//// 41r
3 Juni 47.
Später Feierabend. Der Herotüro[?] frisst meine
kostbare Zeit. Muetti ist noch in den Reben, Ich
tröss[?] herum, zünd ihm den Badeofen an
und geh bergwärts, allein, da Hedi in Zürich
weilt. Noch schnell gucken was Muscheli macht
und dann weiter zu meinen 2 Mohnäckern auf
dem Berg. Die Sonn ist rot hinter Berg ge-
schmolzen. - Ja diser Mohn! Dem Bauer ein
Greuel und mir eine Wonne! Rot, rot weit
durch die kommende Frucht; und der Abend-
scheinfärbt ihn zuletzt purpur. Im Abend-
dämmern dahinter der blaue Rande. Ich streich
weiter durch, ach! schon gemächte Wiese. Gegen
den Wald zu auf dem höchsten Hübel hört ich
in eine Heuschrecke und sah die Sonne rot.
Wolken am Himmer über dem Schwarzwald malen.
Es ist dies so schön über dem weiten Land.-
Da kann doch nicht alles hoffnungslos sein. kam’s
mir lezthin.- Im ?????? krabbelt es viel-
fältig und wirr - Ich seh die Nacht herankommen
weit über den Randen. Vollmond ist’s auch.
//// 41v
Es hängt golden überm Chlettgau und
lockt mich und begleitet mich hinüber
zum Wald so’s Geissblatt blüht.
Aber nein, es duftet nicht so start wie
Marilie Meyer. Dafür hör ich das helle
Mölchlikonzert am Rötiweiher und im
Buebehaldwald der Wind - und, ganz
ehrlich: in Brustkasten das Herz! Phu wo
ist da der Mut die ersten Schritte längs
dem Waldrand dem dunkeln?
Meine Gedanken schweifen und mit dem
Abendrot grüssten wir uns, Vati & ich.-
Ich wanderte am Kirchturm längs. Der
Duft der blühenden Reben hing noch
an der Rebstube und durch die Stille
konnte man das Herz vom Kirchturm
schlagen hören.-
5. Juni. Mit Hedi heut abend wieder auf
dem Berg. Die fernsten Berge des I??e und
Schwarzwalds war fern & nah. Einer
hinter dem andern blau und noch ??? zarter
blau. Dämmerung & Drossel & Buchfink
Gesang hüben & drüben und Heuduft.
Wir fanden rote Kirschen. Krochen unter
//// 42r
duftende “Heinze“ wo wir am liebsten
über Nacht geschlafen hätten. Wir sahen
Has & Reh vor uns wegspringen und
ein Füchsli, schon nur noch erraten,
um Hausstöcke schleichen. Hedi machts
Böckligumpe und sass auf die Schöche
geht[?] froh war ich; dies zu sehn. Glüh-
wurm & Sterne blinkten und so begleitet
kamen wir heim.
//// 42v
[leer]
//// 43r
Es war in Lae Pondom auch so: Trübe regnerische
Wolken streiften um’s Häuschen. Die ausgegrabene
Lehmwand, hinter dem Haus am Buschrand,
leuchtete glitschig rot. Von allen Bäumen &
Büschen tropfte der Regen; und in den Pfützen
lag gelbrötliches Wasser. Und wenn wir uns
dann doch hinauswagten, der Strasse nach, war
es auch herrlich dieses Regensatte mitmachen
zu dürfen: Vati voran, dann ich und vielleicht
noch Paiman, An der grossen Landstrasse
lief der Graben voll Lehmwasser und die Rösli
an den schlüpfrigen Grabenwänden leuteten
ein starkes grün. Weiter oben es war eigentlich
die Passhöhe mit dem werdenden Hochmoor,
da standen unsere Moos- & Algengärtchen unter
stillem hellem Wasser. Die Vögel huschten
durch’s tropfende Gehölz und wir hielten
vom gehbaren weg aus Ausschau nach allem
und nochwas, über den Graben drüber im Ur-
wald.- Wieder zuhause in der hölzernen
Hütte, schauten wir den grauen Wolken zu wie
sie durch die Urwaldriesen streiften. Hie &
da gab es eine Lücke und wir sahen Silalake[42]
unter uns, weit unten am Tobamen, mitten
in grünen Sawahs.[43]
//// 43v
Passhöhe auf Natal pass.[44] Mit Vati
den ganzen Tag im geschlagenen Busch
herumgeklettert, Farn & Orchideen gesucht.
Regen am Abend - Sicht weit weit hin-
unter gegen Natal. Im Thal Kampong
samt Busch & Busch.
Der Weg da hinauf ging längs Felswänden
von denen Rinnsale & Bäche tropften
und rieselten ???velure & Begonien!!
Auf dem Pass oben ein winziges Hochmoor
mit typischem Moorgras & dann Melas Toma
& eine Hagrose. Wie kommt die daher?
Im Thale unter uns, gegen Sidempoen zu
hatte es Prachts-Durianbäume. Vati!
Silindengthal:
Via Siperioh - Mit Hedi einmal. Lalang 2 &[?]
Tjepilpil; dann wieder Busch und kleine
Kampongs mit Wellblech-Kirchen. Bei
ein paar schönen Bäumen hielten wir an. Es
sangen Zikaden im Chor. Wir suchten sie.
Das Thal war in mittäglicher Stille und
vibrierendes Sommerlicht -
Mit Vati hielten wir immer beim Schwefel-
dampfenden Moor.
//// 44r
Ach habeli: Ich strich mit
Vati den morgen durch den Pinien-
wald. Wir landeten an einer
winzigen Sumpfwiese voll Binsengras,
es war belebt mit Spinnen &
Insekten - Wir lagerten uns
unter einem Pinienbaum. Ich lag
??ch auf dem Rücken und schaute
in’s flimmernde grün hinauf.
Die langen Nadeln der Rarcusi[?]
bilden im starken Licht um
den Sonnenkreis, einen scheinenden
Kranz wie ein riesiges Spinnetz.
Es duftet nach Tannenhang.[?]
Vati nett, und voll Insekten-
jadg.
//// 45v
Der alte Ringli erzählt:
Ziehts Käppli ab und
meldet sich stramm vor
dem Meister:
“Fremde Schlosser!“[???]
Der Meister kommt
und sieht den Burschen an.
Und fragt zurück: “Fremde
Schlosser?“
Der Bursche antworder.
“Ein Stück davon.“
Aus dieser Rede hört der
Meister, dass es ein Schlosser
ist. Hat er Arbeit kann
der Wandergsell eintreten.
Sonst muss er eben sein
Rängeli[???] auspacken und ein
Stück weiter ziehen.
//// 46v
[leer]
//// 47r
Augen: sie verraten oft die Seele.
Wir sitzen in Hallau um den Esstisch. Hedi
lengt[???] sich vor und gibt eine Platte herum, da-
bei fliesst die muntere rede hin & her. Hedi’s
Augen sprühen voll Leben und sind gross und
glänzend; und geis??? voll Seele. -
Luzi Riniker hat immer feuchte schimmernde
Augen. gross und sehr weiblich. -
31. Aug 48. Tanzt eine kleine Inländerin zu ein
Rongingmusik[???]. Nicht klassisch, nicht verfeinert.
Ein ordineres[?] Weibchen. Aber auf ihre Art
sehr ansprechen, auch im Ordinären. Sie
singt in dem Moment nicht, uns hin und
her tanzen. Und dann für eine Sekunde blitzt
Sie unter den halbgeschlossenen Augenlidern
hervor. Echt blitzen einen dunkele Blitze -
zu köstlich. -
//// 47v
[leer]
//// 48r
Es muss ein kleines Dorf bei Überlingen
sein (Öhmingen?) mit herrlichen Versteinerungen.
Es existiert ein Buch darüber von einem Gasser.
--
Flowering Earth von …?
--
Galgenlider von Chr. Morgenstern
--
Hasenroman von Fraulein Jammer
--
Literaturgeschichte von Klabund
Vati’s Zeichnungen sind 438 Stk.
davon: lila Papier klein 91
weisses “ “ 99
“ “ “ 90
“ “ gross 132
“ “ sehr “ 26
[1] Indonesisch: Koch
[2] Indonesisch: Dinge
[3] Niederländisch: Aufenthaltsbewilligung?
[4] evtl. Indonesisch: Sudah = fertig
[5] Ter Meulen: Niederländisches Café und Restaurant in Medan.
[6] Vermutlich ist der Hindu-Tempel Sri Mariamman gemeint. Er ist der Älteste Hindutempel der Stadt und liegt heute an der 244 South Bridge Road, Ann Siang Hill, Singapore.
[7] Region in der Provinz Riau in Zentral-Sumatra. Ca. 800 km südöstlich von Pematangsiantar.
[8] Tebing Tinggi: Ort auf halbem Weg zwischen Pemantangsiantar und Medan.
[9] Vermutlich indonesische Aufständische.
[10] Niederländisch: Ausgangssperre
[11] Johor Bahru: Hafenstadt im Süden von Malaysia. Zwischen Johor Bahru und Singapore liegt nur Meerenge Johorstrasse getrennt.
[12] Schiff der Union-Catle Mail Steamship Company, die in der Regel zwischen England und Sürafrika verkehrte. Das Schiff brachte aber Soldaten nach Australien und legte auf dem Rückweg in Singapore an. Es traf am 27. Januar 1946 in Southhampton ein.
[13] Möglicherweise die zum Jemen gehörende Insel Sokotra?
[14] “Recovery of Allied Prisoners of War and Internees”: Von Admiral Lord Louis Mountbatton 1945 eingerichtetes Programm mititärischer Aktionen zur Rückführung alliierter Kriegsgefangener und internierter aus japanisch besetzten Gebieten in Südostasien.
[15] evtl. Indonesisch: Gerobak: Karren, Gefährt.
[16] Kap Finisterre: Kap an der Westküste Galiciens. Ungefähr auf der Höhe von Santiago de Compostela.
[17] Kap St. Vincent im Südwesten Portugals.
[18] gemeint ist garantiert 46.
[19] Leichtes Deck über dem Hauptdeck. In der Regel befinden sich dort die Beiboote.
[20] 2. Version der Felsgrottenmadonna von Leonardo da Vinci, 1493-1508, Öl auf Holz, National Gallery, London.
[21] Rembrandt van Rijn: Saskia van Uylenburgh in arkadischem Gewand. 1635, Öl auf Leinwand, National Gallery, London.
[22] Paolo Veronese, Italienischer Maler der Spätrainessance, 1528-1588.
[23] Wohl eines der 3 Männerporträts von Tizian († 1576, Venedig) aus dem frühen 16. Jahrhundert, die in der National Gallery hängen.
[24] Michelangelo, Italienischer Künstler, 1475-1564.
[25] Fra Filippo Lippi, Italienischer Maler der Frührenaissance, 1406-1469.
[26] Vermutlich Sandro Botticelli: Porträt eines jungen Mannes, 1480-1485, Tempera und Öl auf Holz, National Gallery, London. Das kleinste Gemälde von Botticelli, das heute in der National Gallery hängt.
[27] Hafenstadt an der Südküste Englands zwischen Brighton und Eastbourne.
[28] Hafenstadt an der Nordküste Frankreichs nördlich von Rouen.
[29] Heute Hotel Concorde Opera an der Rue Saint-Lazare 108.
[30] Vermutlich am Gare Saint-Lazare: Bahnhof im Nordosten des 8. Arrondissement (Élisée).
[31] Südliches Nachbardorf von Hallau.
[32] Fraktion von Davos. Benannt nach der Kirche ‚zur lieben Frau’ aus dm frühen 17. Jh.
[33] Zahnarzt. In Zürich (siehe oben)
[34] Alp ob Davos Platz.
[35] Gemeint ist VIII
[36] Hohenstoffeln: Berg in Süddeutschland im Nordosten von Schaffhausen.
[37] Hohenkrähen: Berg in Süddeutschland im Nordosten von Schaffhausen.
[38] Berg in Süddeutschland im Nordosten von Schaffhausen.
[39] Kloster Katharinenthal: Ehemaligen Dominikanerinnenkloster in Willisdorf TG. Seit 1869 ein Alters- und Pflegeheim.
[40] Ortschaft am Untersee. 1979 mit Salenstein und Fruthwilen zur Gemeinde Salenstein fusioniert.
[41] Knapp 100 km WSW von Pemantangsiantar auf der anderen Seite des Tobasees.
[42] Ort am Ufer des Tobasees in der nähe von Lae Pondom.
[43] Sawah (Indonesisch): Reisfeld
[44] Vermutlich bei Natal rund 350 km südlich von Pemantangsiantar.