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Tit. Ihre WohlEhrwürden Herrn Pfarrer Kraus:

Mein Wohlehrwürdiger Herr Pfarrer!

Die unlängst im Avisblatte gelesene Aufkündung des meinem

Vater seel. eigenthümlich zuständig gewesenen Kirchen-Sitzes, den

er von seinem Bruder, M. Heinrich Riedtmann sel. und dieser

von seinem und meines Vaters sel. Großvatter sel., so auf

dem Schildchen genannt ist, bekommen u. ererbt hat (das ich erst

seither von meinem Oheim, dem Rathsbote Matzinger erfahren)

welche Aufkündung wahrscheinlich durch mich veranlaßt worden,

ist mir um so auffallender, da dieß der fall mit dem weiblichen

Sitze, hinter der Säule beym Opferstocke, unter der Orgel,

von welchem ich den Revers, von meiner Mutter sel., welcher

dieser Sitz von Tante Matzinger abgetreten worden, gedruckt in

Handen hatte, nicht war, sondern Frau Lichtenhan, des

vormahl. Rathsredners Frau, und Frau David, des Metzgers

und vormahl. Bettelvogtes Ehefrau, ohne mein Vorwissen

über denselben miteinander negocierten, worauf derselbe

einer derselben zugeschrieben wurde, ohne, so viel ich weiß, ihn

ausgekündet zu haben, und Tit. Herr Pfarren Herzog mir

meinen Revers, als für die Zukunft unnütz, zerriß, woran

sich Wohl derselbe auch sehr wohl erinnern wird, in dem es bey

meinem gewöhnlichen besuche des Ansuchen, wegen einsamm-

lung der Pfingst- und Weihnacht-Almosens, des Waisenhauses

in der Predigt gnädigst gedenken zu wollen, geschah.

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Da ich nun leider! schon seit H. Weihnacht krank bin,

und meistents das Bette hüthen mußte, so kann ich

obschon es jetzt besser mit mir geht, doch noch nicht

ausgehen, um selbst mit Ihnen sprechen zu können.

Ich muß mich daher feyerlich hiedurch erklären, daß

wenn ja wider Vermuthen, ausser meinem Bruder,

irgend jemand anders, ohne hinreichende Belege,

Anspruch an bemeldtem Kirchensitz machen sollte, ich

nicht von meinem Eigenthumsrechte abstehen werde,

sondern es der Ehre meines Vaters sel. der mir diesen

Sitz als sein Eigenthum erklärt, und denselben bey

40. Jahren unangefochten als solches besessen hat,

und den ich nie als ungerecht oder lügenhaft erkannt

schuldig zu seyn glaube, gegen jede andere Ansprache,

die zu meines Vaters sel. Lebzeiten hätte gemacht

werden können, weiters protectieren und weiters recurrieren

zu wissen.

Mit dieser Erklärung habe die Ehre, wie bis dahin

zu seyn.

Mr. Wohlehrwürdigen Herrn Pfarrer

Treuergebensten

M. Sam[uel]l. (?) Riedtmann

Weisenbeck (? Waisenvater?)

Basel den 12. Febr. 1828.

Wer an den Mannensitz in der St. Leon-
hards-Kirche links der Hauptthüre
No. 1 Sitz 5, mit Riedtmännischem Wap-
pen von 1704, einen Anspruch zu machen
hat, ist ersucht sich bis zum 16. Februar
bey dem Unterzeichneten dafür zu melden.
Basel den 31. Januar 1828.
Kraus, Diacon,
aus Auftrag E. E. Banns der St.
Leonhards-Kirche

[Avis-Datensatz: 2070bf72-66dc-545d-acf0-2c8f238eea98/t6]