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Erneuerte Stuehl Ordnung der Kirchen
zu St. Peter
nach von nemblichen Zeiten hero, die Stühl
vnnd Standte, der Kirchen zue St. Peter, der Stifft da¬
selbsten eigenthumblich zugehören, auch von derselben
Niemahlen anders, als Lehenweis, vnd conferiert,
und weder der Pfarre gemaßen außgetheilt worden
also daß sich kein Besitzer, einiges anderen rechten
weniger einiges eigenthumbs, darin anmassen von
allermaßen solches auß der alten Stuhlordnung, wel-
che Ao 1518. hiemit zehen Jahr, von hiesiger
Reformation aufgerichtet, genuegsamb ersichtlich,
So ist auch die besagter Stuehlen wegen sich ereignende
streitigkeiten, der furgeschriebung Ordnung vnnd billichkeit
gemäß beyzulegen, zuweilen Einem Ehrwürdigen Ca-
pittul daselbst zugestanden und überlaßen worden;
Wie mann aber biß daher befunden, daß ermelte Stühl,
Ordnung zimblich vervollkommen, vnd nur etlicher we¬
nig fühlen erörterung begreiff, dahingegen mit¬
zur ernennung der Gemeinde, das Zankhen vnnd streit¬
ten der Sachen halben sich täglich vermehret,
Alß haben Meine Herren, die Heren Capitulare, vnd Pflegeren
ersterwehnter Stifft St. Peter, vmb fernere Unordnung, vnd
verdrießlichkeiten, so darauß zu nicht geringen nachtheil des
Gottesdienst erwachsen vorzubauen, für Rathsamb, vnd nöthig
erachtet, ob bedeute alte Sache Ordnung, hiemit Zur
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erneueren, weiters außzuführen, und auch auß andern
fähl, so darinn nicht enthalten, sich aber öffters zutragen
oder zuetragen möchten, zurichten; Alles under unser
Gnädig Herren, von Einem Ehrsamen Rath gutachten
dehren ratification, und bestätigung darüber, gebeüren-
dermaßen gebetten, vnnd eingeholet wirdt;
1. Von Auffricht- und Erhaltung der Stüehlen
Dieweilen nun von alters her, alle Stüehl in St. Peters
Kirchen, der Stifft daselbsten eigenthumblich zuekommen,
als solle Arbeit, es seye schreiner oder schloßerwerckh,
so etwann zur underhaltung, verenderung oder auff-
richtung derselben nöthig seyn wirdt durch besagte
Stifft vnnd In dehro kosten verfertiget werden, unnd
Niemand bey verlußt des Sitzes zugelaßen seyn, da
jene eigenes gewalts einige veränderung für zue-
nemmen, sie mit thürlenen zuebeschließen, zue vnder-
schlagen, oder abzutheilen, viel weniger einigen neuen
stuhl, stand, oder anhang, ohne Vorwüßen, und be-
willigung Eines Ehrwürdigen Capituls daselbsten,
aufsetzen zuelassen.
2. Von Beschaffenheit der Stüehlen
Es sollen die Stüehl zue St. Peter allein desjenigen
vergönt werden, so inner desselben Kirchspihl
oder Pfarr seßhafft sind; wann aber jemand
es seye mann oder weib, so bis dahero in diesem
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Kirchspihl gesessen, seine behausung verendert,
undt zu einer anderen Pfarr sich haußhäblich geschet (?) [gesezet ?],
vmb darinnen beständig zu verbleiben, alß wann
Er sein eigenthumbliche Behausung daselbst
beziehet, soll sein sitz, wohl ermeltem Capitul
zu anderwärtiger Belehnung, anheimbfallen
seyn, doch also daß der außgezogenen Persohn
Wann sie anderst nicht eher ein Kirchensitz, in
der neu angenommenen Pfarr, zur wegen bringen,
kahn, ein Jahresfrist, vmb sich darnach vmb zur sehen,
oder auch Ihren alten sitz, mit einem, in der jetzigen
gemeind ( Jedoch mit vorwüßen des Capituls
oder dessen Decani) zuvertauschen vergönnt, und
dißeitige anderwärtige Belehnung, so lang eingestellt
werden sollen; Nach verfliessung dieser Zeit
aber, soll der Sitz so indessen nicht erstbe-
sagter maßen vertauscht worden, für ledig gehalten
vnnd einem Pfarrgenossen Zue besitzen übergeben
werden, Es wäre dann sach, daß die von der Gemeind,
außgezogene Persohn sich nach verflossener
Jahrsfrist, ohne verzug, bey mehrgedachtem
Capitul anmeldete, und nechst genugsamber, vnd
glaubwürdiger Beweisung, daß sie nach allem
möglichen nachwerben, noch zuer Zeit, keinen sitz
in dehro ietz angehörigen Gemeind erhalten können,
hierüber verlängerung dieses Termins, noch auff
ein Jahr, vmb sich darnach, fürter mit allem fleiß
umb zuesehen, begehren würde, solte auch diese Pitt [Bitt]
mit gleichmässiger Bezeugung, und darthuung der
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unumbgänglichen nothwendigkeit, das dritte, und
vierte Jahr, an obgemeltem Orth, widerholet werden
könte mann endlich selbige, nachbefindenden dingen
auch in soweit placedieren, unnd annemmen. Nach dieser
Zeit aber, der vier Jahren, alß zur erwerbung eines
Neuen sitzes genugsamb soll kein entschuldigung mehr
angehört, vnnd die belehnung des nunmehr gäntzlich
erledigten Stuhls, ohne weiteren auffschub fürge-
nommen werden;
2. Soll Niemand zuegelaßen seyn, seinen Kirchensitz
ohne vorwüssen vnnd einwilligung des Capituls
zuevertauschen, verkauffen, verschenken, vertestieren
oder Jemand anders auf einige weis zu uber-
geben, oder auch auff eine gewüsse Zeit, gegen einen
Revers zuverleihen, widrigenfahls, alle dergleichen
Cessionen, Handlungen unnd Verschreibungen un-
kräfftig, vnnd der übergebene sitz, Zue der Stifft
anderwertigen disposition anheimb gefallen seyn solle.
3. Von dem Recht der Hinderen, in der Leteren Stüehlen
Dieweilen auch vermög der Alten Stuhl Ordnung die
Kirchensitz zur St. Peter personal, und nicht anderst,
alß auf eines Jeglichen Lebtag vergönnet werden.
hiemit auff keine Erben, sie seyen wer sie wollen
fallen können; Als soll Es bey dieser Ordnung auch
künftig verbleiben, Jedoch mit dieser Bescheidenheit
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daß eheleiblichen Kinderen, so Manns als WeibsPer-
sohnen, Ihres verstorbenen vatters- oder Muetersitz ge-
beüren, unnd vor allen anderen Zuekomen soll; Auch die-
sen fahl aber soll, umb allerhand streitigkeiten und ungele-
genheit zu vermeiden, nachfolgende Ordnung gehalten werden:
1. So, Ein vatter verschiedene Söhn, oder eine Mutter etliche
Töchteren so dieser Gemeind zugethan verlassen wurde,
vnnd sie sich anders, Ihres Vatters, oder Mutter Kirchen-
sitzes halben, nicht vergleichen könten, solle jewilen der El-
tere dem Jüngeren fürgezogen werden, Es were dann,
daß der Eltere, albereits mit einem sonderbahren Sitz
versehen were, auff welchen fahl Ihme freystehen
wurde, an seines Vatters, oder Einer Tochter, an Ihrer
Mutter Orth zuesitzen, unnd hingegen seinen sitz dem
jüngeren brueder, oder Schwester, zu uberlassen;
2. Soll der Sohn, oder die Tochter, welche Ihres Vatters oder
Mutter Sitz zue beziechen willens, bey mehrerwehntem
Capitul, oder dessen Decano, sich inner Sechß wochen
von des verstorbenen Todt anzuerechnen, umb die
Sitz gerechtigkeit zuerneueren anmelden, und daß sein Name,
In das Stuhlregister, an seiner Vatters, oder Ihrer Muet-
ter statt eingeschrieben werde, begehren, So aber jemand
Solches underläßige, unnd Innert der bestimbten Zeit
umb die Erneuerung, nicht anhalten wurde, Soll Er
seines rechtens verlustig, vnnd der Sitz der Stifft
Zur freywilliger Disposition anheimb gefallen seyn;
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3. Soll dieses Recht der Erneuerung allein den leiblichen
Khinderen, nicht aber anderen anverwanthen, alß
Brüeder, Schwesteren, vnndt dergleichen, wann auch
schon die erledigte sitz von Ihren Elteren, oder vor
Elteren auff den letzten besitzer; durch jetz bedeute
absteigende Succession gelanget, zugelassen seyn;
4. So all derowegen auch Ein Tochtermann, In seines Schwe-
sters oder ein sohns frauw, in ihrer schwäger stuhl, hie-
mit auch derselben Khinder, sich einigen rechtens, nicht
anzumaßen haben, vielweniger sollen die Stieffkinder
brüeder, Schwesteren, oder andere anverwante, ei-
nigen vorzug, zu belehnung der erledigten sitzen, von
Rechtswegen, einwenden können, sondern soll sothane (?) anver-
wantschafft, nach der sachen beschaffenheit in Consideration
zuziehen, der Herren belehneren discretion uberlaßen,
Im Übrigen dißfählige belehnung, zur derselben frey-
willigem gutachten gestellt seyn;
4. Von Belehnung der Stüehlen
So ein Stuhl, oder sitz, er seye für Mann, oder weyb
durch jemandts absterben, oder auff ander weis ledig
oder so etwan einige von neuem auffgerichtet
wurden, soll einem Ehrwürdigen Capitul selbige
nach guet bedunkhen, anderwerts, gegen Abstattung
der gebüer, zue underhaltung der Kirchen vnnd
Pfarre gebeüwen, zue verleyhen, anheimb gestellt seyn
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haben aber auch nachgesetzte moderation
gebraucht werden.
1. Soll der Haußvatter unnd Haußmutter, Insonder-
heit derJenigen, so einige Häuser, In dem Kirchspihl
besitzen, unnd bewohnen vor anderen so ledigen
standts und keine sonderbahre Haußhaltungen
haben, oder nicht zu eigenen, sonderen Lehnhäusere,
nur auff ein gewüsse Zeit wohnen, und also nicht
beständig in der Gemein verbleiben, Rechnung
getragen werden.
2. Sollen, die Dienstmägdt die langen gemeinen, nicht aber
die sonderbahren unndt eingefaßten Stüehl besitzen
weniger sie mit einigen sitzen, von neuem belehnt
werden. Es währe dann sach, daß solche von Ihren
Mütteren, so In der gemeind gewohnt und darinn ge-
storben, auff sie Erwachsen währen, auff diesem fahl
sollen sie dieselbe gleich anderen Töchteren, nach abster-
ben Ihrer Mütteren, zue erneueren, und In das Register,
inner der bestimbten Zeit, einschreiben zuelaßen, be-
füegt seyn; Wann aber die Mutter aussert der ge-
meind, es seye in Ihrem Eigenen, oder gelehnten Haus,
gewohnt, unnd darinn gestorben, sollen die Töchteren
sie seyen gleich in diensten, oder nicht, an Ihrer Mueter
sitz, keinen anspruch haben, sonderen derselbe der Stifft zu
dehro anderwärtige freyen Disposition anheimb fallen. Ein
gleiches auch mit den Haußvätteren, so aussert der Gemeind ge-
wohnt unnd gestorbenn, gehalten werden;
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5. Von Ordnung der Sitzen
Ein Jedwederer, es seye Mann oder Weib, soll ohne Ansehen
des Standes, Herkommens, Vermögens oder Alters, ohn-
gehindert den Orth besitzen, so von dehren Elteren be-
seßen worden, unnd auff sie erwachsen, auch so durch
Jemandts absterben, oder abzug auß der Pfarr
einiger ietz vom Oberen, oder anderen Ersten, oder
letzten ledig worden, soll niemand gebeüren denselbigen
eigenes gewalts, furzunemmen, oder mit dem
seinen zue vertauschen, sonderen Es soll ein Jeglicher
sitz, In der Ordnung, wie Er ledig worden, der Stifft
anheimbfallen, unnd zue dehro anderwertigen auß-
theilung gestellt bleiben, auch also wie Er Einem an-
deren ertheilt, unnd In das Register eingeschrieben
ist, von Ihme besessen werden. Es ist aber auch, bey
diesem Articul einige Mässigung wie hernach ste-
het, zu acht zuenemmen,
1. Soll einem Jeglichen vergönt seyn, einem anderen, sein besseren,
oder vorderen sitz, freywillig einzuräumen, und hingegen dessel-
ben geringen hinzunemmen, Jedoch daß diese Verwechslung, an seinen
gehörigen Orth, in das StuehlRegister eingebracht, und ange-
schrieben werde, wann sie anderst kräfftig und beständig sein solle;
2. Kan zwahren, den Weibs Persohnen zuegelassen werden, so sie selbsten
nicht in die Kirchen kommen können, an Ihre stätt, die Magd Ihn Ihre
Stuhl zueschickhen, doch daß diese nicht eben, Ihrer frau-
en sonderen die geringeren Orther so in demselben
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Stuehl sind, einzunemen, und anderen Weyberen,
oder Tochtere, so ordinari, unnd für sich selbsten, dar-
innen sitzen, zueweichen schuldig seyen;
6. Von den Gemeinen Stüehlen
Es sollen die vorderen gegen dem Chor stehende lange Manns-
stüehl, allen Hauß Vätteren, so zur St. Peters Pfarr ge-
hören, ohne Underscheid des Vermögens, Condition, oder Al-
ters gemein seyn, also daß sich niemand einiges Recht oder
sitz, von einem andern zue eignen, oder durch die vor
Langer Zeit hergebrachte Besitzung ansprechen kan, gleicher
gestalten soll es auch mit den alten Stüehlen, In dem grossen
Cohr unnd dem Ersten neben Cöhrlin, so sonderlich Jungen
Leuthen, Handwerkhsbursch, unnd Knechten gewidmet,
deßgleichen auch mit denen, auff dem Lettner unbeschlos-
senen Stüehlen, welche allein aussländischen Manns-
Persohnen zuenutz kommen sollen, gehalten werden,
Eine gleiche bewantnus hat es auch mit denen In der mitte
der Kirchen, unnd zue beiden seithen In dem wegstehenden
langen voreingefaßten Weiberstüehlen, welche gleich-
fahls allein Weibspersohnen, so dieser Pfarr
zugethan, sie seyen jung, oder alt, lediges, oder
Eheliches standts, aussländisch oder Einheimisch
gemein seyn sollen, dergestalten, daß sich keines
vor dem anderen, darauff einiges sitzes anzumaßen,
oder die jenige Persohn so zu erst In die Kirchen
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kommen unnd einigen orth eingenommen, da-
von zuvertreiben, befuegt seyn, sollen;
7. Von dem Stuehl Register
So offt ein sitz, es seye für Mann, oder weib in den
Stühlen so nicht gemein sind, verendert, alß durch
neue belehnung, oder Vertauschung, auff einen
anderen besitzer, auch durch die Erneuerung von
Elteren auff die Khinder, kombt soll allwegen deß
neuen besitzers nahmen, in das, zu diesem End ver-
ordnete Stuehlregister, under die Ordnung, unndt
Zahl, so demselben stüehl oder sitz bedeütet, auffgezeich-
nett unndt angeschrieben, unndt hiemit allezeit, die
letst angeschriebene Persohn, für den rechtmässigen
Besitzer, oder Besitzerin, eines Jeden sitzes erkannt
werden, derjenige aber so eigenes gewalts, ohne
vorwissen mehrgedachtes Capituls, oder dessen Decani
Einge Veränderung in den stüehlen fürnemmen, oder
sich etwann gar darein eindringen, und also Ihr
Nammen, In erstermeltes Schlegeßen, ansinen, gehö-
rigen Orth, nicht einschreiben lassen... kein Rech-
nung getragen, sonderen sie mit verlust des Sitzes
oberzehltermaßen abgerissen werden;
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8. Von ungemeinen Stuehlstreiten
Dennoch aber alle streittige fähl, so sich etwann der
Kirchenstüehlen wegen zuetragen möchten, unmög-
lich können vorgesehen und außgedruckt werden;
Alß werden dergleichen ungemeine streitigkeiten
so hierinn nicht erörtert, Einem Ehewürdigen
Capitul, nach gutachten unnd wie es dieser Ordnung
angemessen sein Lohn (?) beyzulegen, billich uberlassen:
Unsere Gnädige Herren und
Oberen, der Ehrsamer Wohlweiser Rath dieser
Statt, haben nach abgehördter Verlesung vor-
stehender der Herren Capitularen des Stiffts St.
Peter alhier gemachter neuer Kirchen Stüehl-
Ordnung, solche hiemit Obrigkeitlichen gnädig
confirmirt vnd bestätiget, doch also daß
die Herren Capitulares der tax selbiger Stühlen
über ... (?) bißherige herkommen nicht steigeren
soll... (?) ctum Mitwochs den 21ten Januarii
Ao 1685.
Canzley Basell […?]