Verzeichnus
der verhörung gmeiner herren hauptman
Alexander Pfyffers ussert der statt
Lucern gepiett innheimischen soldaten, sines
wie auch sines herrn vatters seligen
gegen inen gethanen verhaltens halb.
Sy die soldaten gemeinlich und sonnderlich,
worus eben die alten zeigendt an, das der
vatter herrn hauptman Heinrich Pfyffer
selig noch vor sechs iraren inn Prouenizen
wol by gelt gewessen sye, doch aber jar
derzytt ungern bezalt habe, dahar er
dann denen so nach huss unnd heimwerts,
ihren ehrlichen abscheidt, oder sonnnsten uf
ihren schuldigen rest gelt, wen inn haben
wöllen, er denselben oftermalen die
stägen uf den rugkhen geben, oder inen
den rugkhen anselben (?) wöllen, oder aber
sy sonnsten mit den ien sollichen faalve-
gern zaalens, üeblichen ungelegenheit,
annderen erdichten ussreden büssen worten
unnd tröwungen immerdar ab- unnd
allwegen uf nechste musterung gewissen,
da es doch harnach und davor alssdan
(2)
glychen bescheidt gehabt, iedoch immerdar
liebliche ufenthaltungen darunder geströwt
sy sollent nur guts muots unnd süstig syn,
wol husshalten, dann er nur ihr sparr-
hafen sye, unnd obschon ihn H. [der Herzog] inen nit
bezale, so wölle er sy doch ehrlichen be-
zalen.
Sy sye auch sonnen clar am tag und un-
laugbar, das so wol der vatter als
der sohn ihr gelt zuo pomp, pracht, unnd
aller üppigkheit, als auch nit wenigen
etliche siner amptslütten so eben der
frawen, unnützencklich speculiert unnd an-
gewandt, auch sy beid ein ieder syn eigen
concubin unnd schlagnlin gehalten, die inen
(als wol vermutlich) die hänndt im seckel
verbissen (?), das die armen soldaten dessen
noch hüttigs tags nit gelachen mögentt.
Als sy die soldaten widerumb von Pro-
uenzen nach ?unnien gezogen habent
(3)
damalen sy beidt den vatter und
sohn inen den soldaten so baldt sy daselb-
sten anlangent, hübschlich an ihre alte
restanzen uf die hanndt zegaben versprochen,
unnd als sy dahy khommen, unnd inen den
soldaten die innwooner derselben statt
zeessen unnd trinckhen geben, synnt sy der
soldaten etliche, uss verbunst der empfang-
nen spysung, unnd anstatt der ver-
sprochnen liferung gelts von inen beiden
wie auch lüttnant Sägisser seligen
mit regimentstacken, so ob inen zu stückinen
gangen, allein darumb das sy ihrer narung
unnd weidt [oder maidth?] nachgangen, dermassen ange-
salbet und tractiert worden, das etlichen
das heitter blutt über die koyflef (?)
die gassen herab gelauffen, auch etliche
der innwooneren dersselben statt uss
gegen inen tragenden mitlyden das lutter
wasser unnd heitter zecheren vergossen.
Es habe auch anderes sardeig ein pie-
montessen inen den soldaten oftenmalen gelt
geben, unnd das stessli mit inen dapfer
(4)
gebrucht, dann so oft er inen gelt
geben, habent sy für iede empfachende
cerooenen (?) 12 für empfangen ynstellen
lassen müessen, ein raar schuch umb
ein ceroonen, auch allwegen inen fünf
ellen tuoch mit sollicher maass unnd ellen
das es khümmerlich vierthalben gsyn
unnd doch umbs halb zethürr geben,
letstlichen hettendt sy gern ein dicken
für ein cerooenen genommen, aber gar nüt
bekhommen mögen.
letstlichen habend etliche gern alles
dahinden lassen, unnd ihre anffraachen
verloren haben wollen, nur damit sy
mit ihrem ehrlichen abscheidt fortt unnd
heimkhommen mögent, sindt aber mit dem
bescheidt abtädiget worden, sy bedörfent
ihren schencken nütt, syent wyl genug,
unnd ob sy wermeinent, ob sy solliche
lütt, die nit ehrlichen bezahlen wer-
dent, syentt.
(5)
Uff absterben dess vatters, habent auch
sy die soldaten anndrist nit schwören wöllen,
er der sohn verspreche dann auch sy von
dess vatters wegen zezalen, sye er mit
toben unnd fluchen, wie auch starckhem
tröwren mit seinen guol umb sy herumb
gerent, unnd gesagt, sy sollent nur
frölich schwören, er wölle sy von sines
vatters wegen, wällicher der rychst
Lucerner, unnd sinem gutt nit ange-
spüret werde, nüt verlieren lassen,
zween soldaten aber mit namen Hanns
Schmidt uss Lucernerpiet unnd Jacob
Steineren ein Underwaldner, so ime
glyche billichmässige anmuttung gethan
habe er inn angesichts der anderen allein
desswegen inn ysen schlagen, wie schel-
men inn die statt hinyn füeren mit
langer gefengknus unnd schwärer gelt
straaff büessen lassen, den annderen
zu einem exempell, damit sy sich desto
baas ze tuckhen unnd zeschmuckhen wy-
sent.
Als sy vast ein ganzes iar lang zu
Santia gelegen, habe damalen hauptman
(6)
Alexander monatlich 200 cronen
meer über sie ordinari bestallung ge-
habt, nur damit er mit seinen knechten al-
dorten verblybe, habent sy von ime dem
hauptman gegen bezalung munition
braett gar grab unnd schlecht, unnd umb
ein batzen so wenig, das sy nit ein halbes
darus lässen khönnen, ungeachtet das
herr oberster am Ryn dasselbis sinen
soldaten besser unnd wolfeiler geben
lassen, nemmen unnd essen, auch die
gantze selbige zytt uss wie die bestien
an unsuberen ungssunden orten nur inn
halbfulem strauw liggen müessenn,
darumb dann desselben iars meer dann
über die 100 soldaten gestorben, die
weltschen aber syent etwas milder tra-
ctiert, unnd allwegen zu dry monaten
umb abgewesslet worden.
(7)
Zu Vercell habe das wochengelt etliche
wochenlang richtigen gang gehabt, aber
letstlichen auch allerdingen yntrochent,
inmassen das die armen soldaten von-
wegen abgangs desselben, uss hungers
noott ihre kleider unnd alles ihr er-
müntlien (?) theils verssetzen, theils gar ver-
khoufen unnd umb ein geringen pfennig
faaren lassen müessen, sich uss blösse
unnd hunger inn die beth gelegt etliche
tag lang, darinnen etlche wie die flie-
gen verschmachtet, unnd so gar darzu
khommen, das sy etliche mal gar nit meer
uff die wacht zügen khönnen, inn sollicher
armutt unnd grosser trangsal habent
sy die soldaten uss ieder roott 4 oder
5 ussgeschossen, sich von aller wegen zube-
raatten uff was wyss unnd massen
sollichen ellendt zestüwren syn möchte,
ob man zu dem fendlin gryffen, unnd
samtlichen mit demselben heimzüchen, oder
aber nochmalen ankhennen, unnd lassen
era den mangell, an ihn H. [Herzog?] oder den
hauptman, unnd daruf ihren halben uffand
(8)
unnd so sy denselben nit erlangen, gar
urlaub begeren, dann ferner inn sollichen
hunger, armutt unnd blässe zu dienen
nit allein schätlich sonder auch unmöglich,
wüllichen letsten entschluss sy durch
30 nach Tuorin zum hauptman abgever-
tigte ussschütz volg und statt gethaan,
als sy nun deselbsten angelangt, habe sich
der hauptman abwessent geschriben,
daruf etliche desselben usschutzes was
ihr anligen dem Hendrich Göldi offenbar
gemacht, wöllicher sy mit trutz abgewissen
unnd schwygen heissen, sonnderlich aber
den Hanns Murer uss Strassburg be-
tröuwt, das er behalten werden müesse
dz er Vercell nit meer sechen werde,
da nun letstlichen herr hauptman
Alexander angetroffen, unnd ihr bevelch
hetent unnd meinung ime erofnet worden
wie vorgehört, habe hauptman Alexander
sich inn dissem faal mit ihr H. sumselig-
kheit entschuldiget, unnd letstlichen zum
wenigisten bis uf erlegung eines monats
soldts mit inen accordiert, denselben inner-
halb vier tagen persönlichen nach Vercell
(9)
unfelbarlichen zulieferen, als er nun de-
selbsten angelangt, unnd sy, das er seinem
versprechen gemässe erstattung thun wurde,
gentzlichen verhoffet, ime flyssig nachtreten
unnd dessen erinnern lassen, sye er die-
selben mit grobem sacermentieren unnd
tröwworten angefallen, er solte das
rappier ab der wandt nemen, und inn
einem wäschen, unnd fendrich Göldi das
syner auch dartzu gethaan, das mann an-
deren zum exempel etwan i dotzet
henckhen und uf die galeeren schicken solt,
sye er herr hauptman doch letstlichen nur
umb ein wochengelt empfendtlich worden,
unnd dasselbig uf nachsten sambstag er-
legt. Das aber Jörg Hartman
unnd Wolfgang Matler nit nemmen, sonder
obgemeltem verheissen nach ein volckhommen
monat soldt haben wöllen.
Da nun sy die soldaten inn gemein unnd
sonderbar gespürrt unnd erfaaren, das
sy den bock abermalen umbssonst gemolchen,
unnd das ihres hauptmans versprechen
nüt annders dann luttere im lufft
verschwindige wortt, habent sy heimlich
(10)
unnd verschwigenerwyss demüettig
supplicando umb rhaat unnd hilf an unsser
Gn. H. (?) nootzwungenlich langen lassen
wöllen, das aber lutbracht, unnd
desswegen vorernannte beide soldaten als
die solliches verrichten wöllen inn banndt
unnd vorstrickhung genommen, der statt
senat als verrätter zur ärgsten gefengk-
nuss, inn wöllicher sy 10 wuchen lang ent-
halten worden, behendiget, unnd noch über
diss einer siner soldaten bestelt worden,
so sich einer oder meer dissen soldaten zu hilf
annemmen welte, diesselben nider zeschiessen.
Als von ihr H. der herr gubernator zu
Vercell für sy die soldaten 1500 ducatenen empfangen, habe
inen damalen trost unnd fründtlichen
zusprechen lassen, diewyl er bisharo ihret-
halben einmalen einichen bevelch unnd gewalt
gehabt, aber erst ietzunder bekhommen habe,
sy wöllent nur lustig unnd gutter dingen
syn, es werde inen am wuchengelt nit
meer manglen, er wölle ietzund ihr
(11)
vatter syn, unnd allso ernante 1500
ducatenen under sy usstheilen lassen
wöllen, wölliches aber herr haupt
man unnd sein amptslütt erwörtt,
unnd runder dem fürwanndt. das sol-
liches dem eidtgnossischen haarkhommen
unnd gewoonheitten entgegen unnd zu-
wider, dasselbig gelt unnder ire
kluppen gebracht, dem hauptman davon
300 ducatenen nach Turyn geschickth,
einem ieden soldaten aber fünf wochengelt
namlichen fünf taler (?) wurden, dafür
dasselbig hie das wochengelt abermalen
bestanden, unnd kheins meer nahe gangen,
das ubrig aber vom selben gelt, habent
die amptlütt under sich selbsten ver-
theilt, unnd es ihren pracht und üppik-
kheit verwendt.
Sonnsten habent die gyttigen die nööttigen
alle zyt inn guttem bevelch gehabt, den-
selben im nootfaal erbent liferung
eines kleinen geltlins, ihre albereitt
iar unnd tag getragen unnd verschlissen
(12)
kleider umb 4 fach gelt ohne schuch wol uf-
brechen dörfen, unnd habe mann zu sollichen
soldaten schindery allezytt wol gelt funden.
Letstlichen als herr hauptman Alexander
ihrer anschlegen unnd vorhabens, das sy mit
dem fendlin heim woltendt, gewaar worden,
hatt er dasselbig heimlicher wyss inen
entzücken, unnd den weltschen inn das
schloss durch wachtmeisteren Schwendiman
zu nit geringem spott ime unnd inen allen
tragen unnd übergeben lassen, da nun
der hanndel inn ein sollich zerrüttet,
unnd so gar verwirt unwässen ussgeschlagen,
ein ieder der amptslütten selbs meister
gewesen unnd gethaan was er gewölle,
unnd sy die soldaten wie den schatten an
der wandt umbhen gahn lassen, habent
sy zwungener unnd trungener wyss inn
sollichen unachtssamme blösse, khummer
(13)
unnd hunger nit meer dienen khönnen, sonder nach
Tütschlanndt, unnd heimzüchen müessen
sy die soldaten hattend zwaar der
klegten noch vil, wöllents aber by der
nache bewenden lassen.
Demüetig unnd innstendtlich pittende
mann wölle doch dem hauptman unnd
inen abden costen (?), unnd der sach an eyendt (?)
helfen, sonderlichen aber diewyl ihre
anffraachen under beiden der iungh unnd
alt herr hauptman angelaufen, man
wölle sy auch uss beider gutt bezalt
machen.